Bei Babys wird es verharmlosend als niedlicher Silberblick bezeichnet, jedoch ist das Schielen (auch als Strabismus bezeichnet) eine ernstzunehmende Sehstörung. Wenn die Augen nicht die entsprechende Position bei einem Blick in eine bestimmte Richtung einnehmen, liegt eine fehlerhafte Augenstellung vor. Schielt ein Auge, kann dies langfristig zu einer Schwachsichtigkeit (Amblyopie) führen, die sich in einer funktionellen Sehminderung äußert.
Nach der Geburt brauchen sich Eltern nicht zu sorgen, wenn ihr Baby nicht mit beiden Augen in dieselbe Richtung blickt. Das Sehen muss sich zu Beginn des Lebens noch entwickeln, weshalb nicht gleich von einem Strabismus auszugehen ist. Im gesunden Zustand arbeiten nach einigen Monaten die sechs Augenmuskeln, die jedes Auge hat, koordiniert miteinander. Ab dem dritten Lebensmonat beginnt sich das Zusammenspiel der Augenmuskeln auszubilden. Beobachten Eltern, dass ihr Kind auch nach einigen Monaten noch schielt, sollten sie unbedingt einen Augenarzt aufsuchen.
Bereits im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen kann eine fehlerhafte Augenstellung frühzeitig festgestellt werden. Deshalb ist es sehr empfehlenswert, daß Eltern mit ihren Kindern zu den Untersuchungen gehen. Ein Augenarzt oder eine Orthoptistin stellen mit einer ausführlichen Diagnose fest, welches Schielen vorliegt und in welche Richtung das Auge abweicht. Zu der Diagnostik zählen verschiedene Untersuchungsschritte, die Aufschluss über die Sehschwäche und den Schielwinkel der Augen geben. Unter anderem wird auch ein Abdecktest gemacht, bei dem festgestellt werden kann, wohin der Blick beim Fixieren eines Objektes fällt.
Welche Formen des Strabismus gibt es?
Unabhängig davon welche Form des Schielens vorliegt, kann der Schielwinkel in unterschiedliche Richtungen abweichen. Bei Kleinkindern ist das Innenschielen die Abweichung der Blickrichtung nach innen, das Außenschielen beschreibt die Abweichung des Auges nach außen. Der Strabismus kann auch nach oben oder nach unten gerichtet sein – dann wird ein Höhenschielen diagnostiziert.
Beim Schielen werden eine latente und eine manifeste Form voneinander unterschieden. Latentes Schielen kann durch Belastungssituationen, Stress oder Ermüdung verstärkt werden. Mit bloßem Auge ist das Schielen kaum zu erkennen, da der abweichende Blickwinkel sehr klein ist. Dieser Strabismus wird auch als Heterophorie bezeichnet. Im Gegensatz dazu weicht der Blinkwinkel des erkrankten Auges beim manifesten Schielen so stark ab, dass er auch für Laien zu erkennen ist. Eine Variante des manifesten Schielens ist das Begleitschielen, welches typischerweise im frühen Kindesalter auftritt. Da bei diesem Schielen eine familiäre Häufung zu beobachten ist, wird davon ausgegangen, dass das Begleitschielen aufgrund einer genetischen Ursache entsteht. Eine andere Möglichkeit liegt in einer unkorrigierten Weit- oder Kurzsichtigkeit. Generell sind die Ursachen für das Begleitschielen bisher ungeklärt. Hingegen sind die Ursachen für das Lähmungsschielen bekannt. Entzündungen oder Verletzungen am Auge können dazu führen, dass die Augenmuskeln nicht mehr richtig funktionieren. Auch diese Variante zählt zum manifesten Schielen. Das Lähmungsschielen tritt meist plötzlich auf und löst verfälschte visuelle Eindrücke in Form von Doppelbildern aus. Wenn das Gehirn zwei verschiedene Seheindrücke erhält, die es nicht zu einem verbinden kann, entstehen Doppelbilder. Langfristig unterdrückt das Gehirn den Seheindruck des schwächeren Auges, wodurch eine dauerhafte Einschränkung des Sehvermögens entstehen kann. Dann werden zwar keine Doppelbilder mehr wahrgenommen, aber das schielende Auge verliert zunehmend an Sehkraft. Je nachdem, welche Diagnose der Arzt oder die Orthoptistin stellen, wird ein individueller Behandlungsplan für den Patienten aufgestellt.
Wie wird das Schielen behandelt?
Wenn ein Auge auch nach der Entwicklung des Sehens schielt, wird dem Kind eine Brille verschrieben. Sie ist genau auf die Augen abgestimmt, sodass das Schielen ausgeglichen werden kann. In manchen Fällen wird eine Fusionsschulung zur Verbesserung des Zusammenspiels der Augen durchgeführt. Liegt bereits eine Schwachsichtigkeit (Amblyopie) vor, kommt auch eine Okklusionstherapie in Frage. Dabei wird das gesunde Auge mit einem Augenpflaster oder einer Augenklappe abgedeckt, sodass das schwache Auge speziell trainiert wird. Die Therapie erfolgt nach einem Plan, bei dem genaue Zeiträume für das Abdecken des Auges vorgegeben werden. Konzentrationsübungen, Malen oder bestimmte Spiele helfen dabei, das Sehen des schwachen Auges zu stärken. Bei einem besonders ausgeprägten Schielwinkel kann unter Umständen auch eine Operation notwendig werden.
Wie erkennen Eltern das Schielen bei ihrem Kind?
Neben dem Besuch der Früherkennungsuntersuchungen können Eltern auch selbst darauf achten, ob ihr Kind zu auffälligem Verhalten neigt. Häufiges Stolpern oder Danebengreifen sind Anzeichen dafür, dass das Kind schielt. Auch Schwierigkeiten beim Lesen und Lernen können einen Hinweis darauf geben, dass Strabismus vorliegt. Klagen die Kinder zudem über brennende Augen oder Kopfschmerzen oder ist häufiges Blinzeln sowie Zwinkern der Augen zu beobachten, können dies ebenfalls Warnsignale für Schielen sein. Spätestens bei diesen Anzeichen sollte ein Arzt aufgesucht werden. Wird der Strabismus rechtzeitig erkannt, besteht eine hohe Heilungschance ohne zurückbleibende Sehfehler. Gerade bei einer Heterophorie können Laien nicht auf ihren Eindruck vertrauen. Nur ein Experte kann in solchen Fällen feststellen, dass ein Auge schielt und die entsprechenden Therapiemaßnahmen verordnen.
Weiterführende Informationen zum Thema Schielen & Schielbehandlung:
Strabismus – Ursachen, Symptome, Behandlung
Augenpflaster für die Okklusionstherapie
Schielen (Strabismus) – Patienteninformationen des Uniklinikums Jena