Am 26.03.2008 erhielt unsere Tochter einen Kettenbrief, bei dem angeblich die Möglichkeit bestehen sollte, als Ergebnis 36 Büchlein zu erhalten.“
Als Freundin der Zahlen habe ich beim Erhalt des Kettenbriefes gleich den Taschenrechner hervorgeholt. Ich wollte einfach mal genauere Fakten zu diesem strittigen Thema haben. Was meinen Sie – bei der wievielten Kopie ist die Millionengrenze erreicht? Die Antwort lautet: Der Schneeballeffekt führt bereits mit der 8. Kopie dazu, dass 1.679.616 Kinder den Kettenbrief erhalten haben. Die Kopierqualität des bei uns angekommenen Briefes war bereits sehr schlecht. Wir gehen deshalb davon aus, mindestens an sechster Stelle zu liegen. Da stellt sich die Frage, ob der Brief rein mathematisch das bewirken kann, was er verspricht, denn ziemlich schnell dürfte durch die exponentielle Verbreitung jedes Kind in Deutschland bereits beteiligt gewesen sein und somit für die weitere Verbreitung nicht mehr zur Verfügung stehen. Hat jemand von den Lesern nähere Daten, wie viele deutsche Grundschüler es eigentlich gibt? Damit ließen sich exaktere Berechnungen anstellen. Ein kleines Zahlenspäßchen am Rande: Selbst wenn alle Menschen sämtlicher Altersgruppen mitmachen würden, einschließlich derer, die nicht schreiben können, müssten bereits vor der 13. Kopie die Außerirdischen mitmachen. Die Gesamtbevölkerungszahl der Erde von etwa 6,6 Milliarden ist dann überschritten!
Zum Glück ist ein Kettenbrief kein reines Zahlenspiel. Selbst wenn wir an zweiter Stelle ständen, stellt sich die Frage nach der Ethik. Man muss sechs Kopien und ein Büchlein abschicken, um 36 Briefe mit Geschenkinhalt zu erhalten. Irgendwie verlockend, aber dennoch muss ein Haken an dieser Vorgehens- und Erwartungshaltung sein. Jeder will wenig Einsatz leisten und ein Vielfaches herausbekommen. Wo soll der Gewinn von 29 Briefen (36-7) herkommen? Geben und Nehmen ist absolut nicht ausgeglichen. Das dürfte die Erklärung für die magere Ausbeute sein, die entgegen aller mathematischer Voraussagen bei Kettenbriefen in der Regel zu erwarten ist.“Deshalb sagen wir Nein zum Kettenbrief. Hat überhaupt schon mal jemand per Kettenbrief den “großen Reibach†gemacht? Wäre vielleicht ein interessantes Thema für eine Soziologie-Diplomarbeit. Dabei ließe sich gleichzeitig erforschen, wie solche Massenbriefe überhaupt ins Leben gerufen werden, um wie viel der Umsatz bei der Bundespost dadurch steigt und ob die Deutschen ohne Hinterfragung alles glauben, was in gedruckter Form auf einem Zettel steht.“Auch bei meinen Berechnungen kann sich der Zahlenteufel eingeschlichen haben. Oder die Internetangaben bezüglich der Weltbevölkerung können falsch sein. Bei seriösen Schriften, wird die Quelle genau angegeben. Im Kettenbrief war nur die Rede von Erzieherinnen! Kein Name, keine Ortsangabe, keine Institution!“Unser Töchterchen wollte natürlich dennoch unbedingt mitmachen. Sie breitete gleich ihre Schachtel mit Pixi-Büchern um sich herum aus. Ich rang mit meiner Entscheidung. Umfangreiche familiäre Abwägungen führten zu folgendem Ergebnis: *
Das Nein zum Kettenbrief bleibt stehen.*Wir machen uns die Mühe, lieber einen Brief (nämlich diesen hier) ins Internet zu stellen.*Wir bringen unser Ja zum Briefeschreiben zum Ausdruck, indem wir der Absenderin des Kettenbriefes und einer weiteren Freundin einen persönlichen Brief mit selbstgewählten Worten und selbstgemaltem Bild schreiben, der kindgerecht ist und die Empfänger mit großer Wahrscheinlichkeit erfreuen wird – ist übrigens weniger Aufwand mit gleichzeitig höherem Nutzen als das Weiterschicken des Kettenbriefes! “Wir würden uns freuen, mit unserer Entscheidung einen neuen Impuls zu setzen. Vielleicht mögen sich einige Leser an dieser oder einer ähnlichen Aktion beteiligen, um einfach nur so einem Menschen seine Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen.“Herzlichen Dank!