Hallo,
also es ist absolut nicht so, dass Alleinerziehende nun per Urteil des Bundesgerichtshofes den Anspruch auf Betreuungsunterhalt verlieren. Das würde bedeuten, dass der Bundesgerichtshof ein neues Gesetz verabschiedet hat, und das kann und darf er nicht, weil er ein Gericht ist - er kann nicht einmal ein bestehendes Gesetz kippen. Das kann nur das Bundesverfassungsgericht.
Tatsächlich ist es so, dass das Gericht als letzte Instanz in einem Streit über die Zahlung von sogenanntem "Betreuungsunterhalt" entscheiden musste, ob ein Urteil eines anderen Gerichts mit der 2009 (dem Jahr, in dem der Streit beim Bundesgerichtshof aufgeschlagen ist) geltenden Rechtslage vereinbar war. Der BGH ist dabei zu dem Entschluss gekommen, dass dies nicht der Fall war.
§ 1570 BGB regelt die Zahlung von Betreuungsunterhalt, und legt dabei fest, dass diese Unterhaltsform für "mindestens drei Jahre nach der Geburt" zu verlangen ist. Das Gesetz legt auch fest, dass sich der Anspruch verlängert, so lange und so weit dies der "Billigkeit" entspricht.
Daran ändert sich auch nach dem BGH-Urteil nichts. Was sich ändert, ist allein die Art und Weise, in der diese Ansprüche vor Gericht geltend gemacht werden könnten, würde die Rechtslage von 2009 fortdauern (ich persönlich weiß nicht, ob sich seitdem relevante Gesetze geändert haben): Das Oberlandesgericht hatte damals, um die Billigkeit zu prüfen, ein "Altersphasenmodell" angewandt, mit dem ohne weiter gehende Altersfallprüfung festgestellt wird, dass ein Kind in diesem Alter eine Betreuung durch einen Elternteil benötigt.
Der BGH hat nur festgestellt, dass solche Altersphasenmodelle nicht mit dem Gesetz vereinbar sind, und eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist. Dass ein Betreuungsunterhalt nur noch gezahlt werden kann, wenn "wichtige Gründe" vorliegen, er also zur Ausnahme werden soll, hat der BGH nicht gesagt - genauso wenig wie zum konkreten Fall: Darüber, ob die Mutter in diesem Streit weiterhin Anspruch auf Betreuungsunterhalt hat, muss nun erneut das Oberlandesgericht prüfen und entscheiden - und dabei die konkreten Gründe prüfen.
Es ist also komplett offen, ob die Mutter in diesem Fall nun Anspruch auf Unterhalt hat, oder nicht, und genau so wenig können nun andere Menschen aus diesem Urteil eine Aussage über ihren eigenen Unterhaltsanspruch ziehen. Das muss in jedem Einzelfall geprüft werden.
Ich persönlich zweifele daran, dass nun viele Ex-Männer keinen Betreuungsunterhalt mehr zahlen müssen, denn der Teufel steckt im Detail: Um voll arbeiten gehen zu können, muss das Kind zunächst einmal über die gesamte Arbeitszeit hinweg versorgt sein. Dafür kommen nur öffentliche Betreuungsplätze in Frage; Omas, Tanten und Nachbarn hingegen können nicht dazu verpflichtet werden, die Kinder anderer Leute zu betreuen. Ich bezweifele auch, dass das jemand über einen langen Zeitraum mitmachen würde. Betreuungseinrichten schließen hingegen irgendwann, was wiederum die möglichen Arbeitszeiten recht einschränkt: Es dürfte schwer sein, einen passenden Arbeitsplatz zu finden. Ist das aber nicht möglich, dann sind wir wieder beim Betreuungsunterhalt angekommen.