brauche Rat -  Erziehungsprobleme

Chelai

Neues Mitglied
Hallo an alle,

ich bin neu hier und möchte erstmal alle hier herzlich begrüßen!

Ich habe ein Problem mit der Erziehung meines Sohnes (5 Jahre alt):

Er ist ein sehr aufgewecktes Kerlchen und war schon immer etwas anders als andere gleichaltrige Kinder. Mit zwei interessierte er sich bereits für Zahlen und konnte die Zahlen von 1 - 10 lesen, Buchstaben kamen auch bald im Anschluss. Die Grundfarben kannte er bereits mit zwei, auch die entsprechenden Begriffe auf englisch. Inzwischen kann er schon lange das Alphabet lesen und schreiben, Zahlen bis mindestens 100, Wörter lesen und schreiben (wenn er will - und Lust hat, sich zu konzentrieren), und er rechnet schon recht gut. Soweit so gut, doch ist er auch sehr zappelig und unkonzentriert (wenn ihm langweilig ist) und er sprengt praktisch jede Unternehmung, die wir mit ihm machen durch unangemessenes Verhalten.

Es sei denn, es handelt sich dabei um irgendetwas, das mit seinen Spezialinteressen zu tun hat. Die wären Computerspiele (speziell Super Mario) und Pokemon, Spiderman (und andere Superhelden). Dazu muss ich sagen, dass er lediglich über einen Zeitraum von einigen Wochen gelegentlich (und zeitlich sehr begrenzt) diese Computerspiele spielen durfte, nachdem das Thema Super Mario im Kindergarten aufkam und ihn bereits sehr fasziniert hat - doch nachdem er regelmäßig mit Wutanfällen auf das Ende der vorgegebenen Spielzeit reagiert hat, und auch sehr fixiert darauf war (wir sprachen von "Mario-süchtig") haben wir es komplett verboten. Dieses Verbot besteht jetzt seit über einem 3/4 Jahr, doch seither malt er nur noch exzessiv entweder Mario-Bilder, Superman oder Pokemon. Und mit exzessiv meine ich, dass er gerade eine 500-Blatt Papierpackung aufgebraucht hat - Zuhause, Kindergarten nicht mitgerechnet. Auch drehen sich seine Gedanken sehr sehr häufig nur um Mario, Pokemon o.ä.. Doch sämtliche Verbote oder gut zureden bringen ihn nicht von dieser Fixierung ab. Er redet auch wie ein Wasserfall - vor allem über seine Lieblingsthemen - wenn man ihn lässt.

Grundsätzlich legen wir Wert auf die Einhaltung von Regeln, geben diese auch vor und versuchen unser Bestes, ihn konsequent zu erziehen, ihm aber auch die Regeln zu erklären. Von antiauthoritärer Erziehung halten wir überhaupt nichts, sehen uns jedoch sehr häufig mit dem Problem konfrontiert, dass sehr viele Kinder mehr dürfen und kaum Regeln einhalten müssen, was natürlich bei unserem Sohn immer wieder Unverständnis aufwirft.

Aufgrund der Gesamtsituation haben wir bereits Kontakt zur Frühförderung gesucht. Dort wurden diverse Tests gemacht und bestätigt, dass er einen überdurchschnittlich hohen IQ hat und seine Fixierung auf die Spezialthemen auch aussergewöhnlich stark ist. Da jedoch die angestrebten Maßnahmen noch auf sich warten lassen und wir gerade heute mal wieder damit konfrontiert worden sind, dass er einen Ausflug (zu einem Mittelaltermarkt mit Ritterspielen) wieder mal "gesprengt" hat, indem er gefühlte hundert Mal zu allem aufgefordert werden musste, was es bei uns an Regeln gibt. Dies führt erst dann (halbwegs) zu dem gewünschten Ergebniss, wenn wir wirklich böse werden und schimpfen. Ich habe manchmal das Gefühl, ich rede mit einer Wand... erst wenn ich wirklich ernsthaft böse werde, kommt etwas bei ihm an (und auch dann nicht wirklich viel). So ein Verhalten kenne ich sonst nur von den Kindern, die antiauthoritär erzogen werden - aber wie bereits gesagt, das tun wir mit Sicherheit nicht. Bei uns wird nicht geschlagen (das muss man ja heutzutage immer dazu sagen). Doch es macht mich teilweise innerlich sehr aggressiv, wenn sämtliche Bemühungen überhaupt nicht fruchten und er mal wieder absolut beratungsresistent uns provoziert bis nichts mehr geht.

Er benimmt sich meist nur dann so unausstehlich, wenn er nicht das tun kann, was er möchte. Und da er am liebsten entweder mit seiner Freundin spielen oder aber in seinem Zimmer (Mario oder Pokemon) malen oder irgendetwas aus Lego oder Fischer-Technik basteln möchte, führt jede Unternehmung zu Zielen, die Kindern sonst Spaß machen würden (sogar Besuch im Zoo oder wie heute bei Ritterspielen und einer tollen Burg), und natürlich erst Recht unternehmungen, die weniger Spaß machen (wie einkaufen in Läden, die er nicht mag, oder Besuche bei Leuten, die er nicht mag) zu einem einzigen Drama, bei dem nachher alle frustriert sind und keiner Spaß hat. Doch ich möchte auch nicht immer nur noch zuhause rumhängen, nur weil Sohnemann ansonsten alles boykottiert. Auf die Frage, warum er das tut, sagt er entweder, dass er eigentlich lieber ebengenannte andere Dinge tun wollte, oder aber "nicht weiß, wie man sich gut benimmt". Da wir jedoch gefühlte hundert mal wiederholen, was er tun oder nicht tun soll, müsste er sich "nur" an dies halten, um sich zu benehmen - was wir auch schon tausendmal erklärt haben.

So, der Text ist nun doch viel zu lang geworden, aber es ist auch eine etwas komplizierte Situation. Vielleicht weiß ja irgendwer schonmal gute Tipps, wie wir die Situation etwas entspannen können, bis die Frühförderung zum Tragen kommt - denn er treibt mich teilweise wirklich in den Wahnsinn. Im Gegenzug dazu kann er auch sehr lieb und verständnisvoll für einen 5jährigen sein. Manchmal verstehe ich einfach nicht, was in seinem Kopf vorgeht und bin einfach nur noch ratlos, was wir machen sollen. Jeglicher Ratgeber hat bis jetzt versagt. :(

Beste Grüße,
Chelai
 

Gerhard S.

fast-Alles-Versteher
Möchtest du auch über euch beide Eltern schreiben, oder hältst du das nicht für notwendig; und suchst nur Tips, wie man seine besonderen Fähigkeiten innerhalb der Familie fördern kann? (ohne dabei in die Kerbe mit dem PC zu hauen)
Was wurde denn zum Thema Super Mario im Kindergarten besprochen?
Kann das "nicht weiß, wie man sich gut benimmt" ein Hinweis darauf sein, dass er sich vermutlich beim Papa mit etwas "gut" benimmt, dasselbe Verhalten aber bei der Mama "nicht gut" ist? Diese Frage soll kein Vorwurf sein - es zielt nur daraufhin ab, dass die Mutter meist die überwiegende Erziehungssorge hat (haben muss), weil der Vater beruflich sehr ausgelastet ist.
 

Chelai

Neues Mitglied
Hallo Gerhard S.,

danke für Deine Antwort. Was möchtest Du über uns wissen?

Nein, es geht mir nicht um Förderungsmöglichkeiten, die gibt es zur genüge. Es geht mir darum, wie unser Familienalltag entspannt werden kann, da es wie oben beschrieben an verschiedenen Stellen zu sehr großen Spannungen zwischen meinem Sohn und uns kommt... Vor allem, wenn wir gemeinsam irgendwo unterwegs sind.

Ich denke, dass mein Lebensgefährte (sein Vater) und ich im großen und ganzen die gleiche Einstellung bezüglich der Erziehung vertreten. Wir versuchen jeweils die Entscheidung des anderen so gut es geht zu unterstützen, um zu vermeiden, dass unser Sohn bei jedem Elternteil andere Dinge tun darf. Meist sind wir auch gemeinsam unterwegs. Ich werde aber nochmal darauf achten.

Schöne Grüße,
Chelai
 

Chelai

Neues Mitglied
Achso, was den Kindergarten angeht: Dort ist man ebenso ratlos bezüglich des Mario-Themas. Man lässt ihn halt malen, wie wir das auch machen.
 

Gartenliese

Aktives Mitglied
Hat er es vielleicht noch nicht verstanden, das er nur Mario spielen darf, wenn er sich an gewisse Regeln hält, oder hast du es ihm noch nicht so klar gesagt?

Die Phase mit ".. aber andere dürfen", müssen wir alle durch machen.
Konsequent bleiben, wird manchmal sehr anstrengend, aber sei auch Kompromissbereit.
Lg
Gartenliese
 

Chelai

Neues Mitglied
Doch, das haben wir schon sehr oft gesagt... Doch bei den Ausmaßen, die diese Fixierung auf SuperMario (und andere ähnliche Dinge) angenommen hat, können wir ihn so oder so vorerst nicht spielen lassen.

Mir geht es allerdings mehr um das Verhalten bei Ausflügen. Vielleicht hat da ja jemand eine Idee? Konsequent bleiben natürlich... Doch das interessiert ihn kaum... Kompromissbereit ja, ich denke das sind wir sowieso.
 

Dr. Dolittle

Moderator
Teammitglied
Hallo Chelai,

ohne die Pferde scheu machen zu wollen vermute ich, daß Dein Kleiner neben seiner Hochbegabung auch eine stramme Veranlagung für ADHS mit in die Wiege gelegt bekommen hat. Soweit ich sehen kann, ist Euer Umgang mit ihm ziemlich gut und Ihr scheitert lediglich daran, daß ziemlich gut bei einem derart veranlagten Kind nicht ausreicht. Es gibt EINEN wiklich guten Erziehungsratgeber zu ADHS, nämlich: ''Gemeinsam wachsen'' - der Elternratgeber ADHS: Verhaltensprobleme in Familie und Schule erfolgreich meistern. von Armin Born und Claudia Oehler von Kohlhammer. Die Hinweise darin sind für alle Kinder zutreffend, nicht nur für ADHSler. Letztere brauchen bloß eine ganz besonders gut abgestimmte Erziehung.

Lies Dir die Hiweise dort in Ruhe durch und schau, was davon bei Euch funktioniert. Außerdem würde ich Dir dringend raten, Dich zum Thema Umgang mit Hochbegaten beraten zu lassen. Dein Sohm braucht eine Menge Ventile, um den Druck aus der Power-Kombi Hochbegabung + Hyperaktivität verkraften zu können. Oft kann der Austausch mit andern Eltern in Selbsthilfegruppen auch Entlastung, sowie den einen oder andern guten Tip bringen. Setzt Euch auch rechtzeitig mit dem Thema Schule auseinander. Eventuell könnte es günstig für ihn sein, die erste Klasse zu überspringen. Früher einschulen würde ich ihn eher nicht, so überdreht wie er derzeit teilweise ist.

Viel Bewegung beim Sport oder in freier Natur und Spielen mit anderen Kindern ist immer wichtig. Macht er das?

Melde Dich gerne wieder, wenn Du weitere Fragen hast. Bis dahin wünsche ich Dir starke Nerven und ein gutes Durchhaltevermögen. Du hast einen ganz tollen Sohn, der sehr viel Stärke von Dir braucht.

Liebe Grüße

Dr. Dolittle
 

Chelai

Neues Mitglied
Hallo Dr. Dolittle,

vielen herzlichen Dank für Deinen einfühlsamen Beitrag! Ja, die Thematik ADHS wurde auch schon mal bei der Frühförderung angesprochen. Der Buchtipp klingt gut, das werde ich mir direkt mal anschauen.

Bezüglich der extremen Fixierung auf "Mario" und wegen verschiedener anderer Verdachtsmomente soll auch eine ausführliche Autismusdiagnose (Asperger u.ä.) noch gemacht werden. Das Thema Schule (er wird nächstes Jahr eingeschult) haben wir auch schon im Blickfeld. Ich denke mit dem Überspringen müssen wir dann relativ kurzfristig entscheiden. Das machen wir wohl vom restlichen Entwicklungsstand abhängig. Jedenfalls hat ihn jetzt ganz plötzlich das Interesse am Lesen wirklich gepackt und nun liest er uns überall einzelne Wörter vor. Daran dürfte es also nicht scheitern. Doch abwarten, wie es mit den anderen Bereichen aussieht.

Er geht einmal die Woche zum Sportverein (+ das Angebot aus dem KiGa) und kann auch hier immer im Garten spielen (Trampolin, Schaukel, Rutsche, Fahrrad, Fußball, etc...). Jedoch ist er eher der Stubenhocker und geht nur gerne raus, wenn jemand mit geht, was aber bei uns tagsüber wegen der Arbeit kaum möglich ist. Freunde hat er nicht allzu viele - zwei Kinder, mit denen er im näheren Umfeld sehr gut auskommt, und eine Spielgruppe - doch die Kinder aus der Spielgruppe sieht er höchstens zweimal im Monat. Er ist da auch eher etwas zurückhaltend im sozialen Bereich und tut sich etwas schwer mit den Kontakten. Doch zugegebenermaßen ist das bei uns als Eltern auch leider nicht viel anders. In der Frühförderung soll jedoch auch konkret am sozialen Umgang gearbeitet werden - und darauf hingearbeitet werden, dass er auch in der Lage ist, sein Spiel nicht nur um das Thema "Mario" kreisen zu lassen. Ich fürchte, deswegen ist er schon ein wenig als Sonderling bekannt.

Doch selbstverständlich ist er ein wirklich toller Junge! Es ist lediglich (wie Du schon bemerkt hast) manchmal eine wirklich sehr große Herausforderung, den Anforderungen, die seine Erziehung stellt bzw. die er uns stellt wirklich gerecht zu werden.

Danke nochmal für Deine Hilfe!
Chelai
 

Dr. Dolittle

Moderator
Teammitglied
Hallo Chelai,

Euer Kleiner hat wirklich Glück, so verständnisvolle und patente Eltern bekommen zu haben:) Magst Du vielleicht mal beschreiben, wie das abläuft, wenn Dein Sohn einen Ausflug „sprengt“?

An (Asperger-)Autismus, evtl. Savant?, hatte ich auch schon gedacht. Da zu diesem sehr sensiblen Thema aber schon mehr als genug Hysterie betrieben wird und ich mich nicht allzu gut damit auskenne, wollte ich das erstmal nicht anstoßen. Nun bin ich beruhigt zu lesen, daß bereits eine ausführliche Diagnostik am Laufen ist. Es ist sicherlich wichtig, das abzuklären, da sich aus autistischen Komponenten ein ganz besonderer Förderbedarf ergeben würde. Wenn Du ein paar weitere Infos zu diesen Themen gebrauchen kannst, möchte ich Dir die Webseite einer sehr lieben Bekannten von mir empfehlen: www.autismus-etcetera.de Du kannst Cornelia sicherlich auch bedenkenlos zu allen dort angeführten Themen per Email befragen.

An dem Thema Sport, raus in die Natur und Spielen mit anderen Kindern solltet Ihr dran bleiben. Organisiert Euch mit Freunden, Verwandten und Bekannten, damit Euer Kleiner möglichst oft „mitgeschleppt“ wird. Er braucht viele Gelegenheiten, sich auszuprobieren, seine Kompetenzen zu erweitern und zu verbessern - ganz besonders hinsichtlich sozialer Kontakte. Offenbar hat er durchaus einige grundständige Fertigkeiten. Die gilt es zu erweitern, bevor er sich noch mehr zurückzieht. Wenn Ihr Euch in diesem Bereich selber schwer tut, wäre es sinnvoll, genau da anzusetzen und auch an Euch selber zu arbeiten. Fördertherapie hin oder her: Die beste und wirksamste Erziehung ist immer noch das gelebte Vorbild durch die eigenen Eltern.

Habt Ihr genug Zeit für Ihn? Falls nicht, solltet Ihr überlegen, ob es eventuell machbar wäre, Eure Arbeitszeiten um ein paar Stunden zu reduzieren, damit Ihr auch unter der Woche mal einen halben Tag für ihn Zeit habt. Solche Kinder brauchen ihre Eltern mehr als andere Kinder. Ihr habt das sicherlich auch schon bemerkt. Zieht die notwendigen Konsequenzen daraus. Und denkt immer daran, ihn so oft es geht zu loben, wenn er etwas gut macht – auch bei Kleinigkeiten; einfach alles, worum er sich erfolgreich bemüht hat. Ein simples „gut gemacht“ nutzt sich auch beim zehntausendsten Mal nicht ab und trägt viel zur Selbstsicherheit von Kindern bei.

Was seine sonderbaren Verhaltensweisen angeht wäre es wichtig, mit den anderen Erwachsenen in seinem Umfeld inklusive der Eltern seiner Spielkameraden zu reden, damit die ihn so akzeptieren, wie er ist. Kinder kommen selten von alleine darauf, zwischen „normal“ und „abweichend“ zu unterscheiden und andere Kinder auszugrenzen. Denen ist es weitestgehend egal, ob ein Kind ein Haus, einen Baum und eine Sonne malt oder dreimal Supermario. Ich würde mir bis dato auch noch nicht gar zu viele Sorgen deswegen machen. Ähnliche Phasen machen so einige Kinder in diesem Alter durch und nur bei wenigen von ihnen bleiben dauerhafte Störungen bestehen. Wie groß das Risiko für Euren Kleinen tatsächlich ist, ergibt sich hoffentlich bald aus der Diagnostik.

Ich hoffe, Euch mit diesem Wust an Vorgaben nicht zu nahe getreten zu sein und zumindest halbwegs ín die richitge Richtung gedacht zu haben. Es wäre schön, wenn Euch irgendetwas davon weiterhelfen würde.

Liebe Grüße

Dr. Dolittle
 

Chelai

Neues Mitglied
Hallo Dr. Dolittle,

entschuldige die späte Antwort, hier war letzte Woche viel los und da bin ich nicht zum Antworten gekommen.

Tja, wie sieht es aus, wenn er den Ausflug sprengt... als er noch kleiner war, hat er entweder durch Weinen kundgetan, dass er doch lieber nicht an dem jeweiligen Ort oder bei den Menschen sein möchte. Beispielsweise als wir meine Oma das letzte Mal, bevor sie verstorben ist im Altenheim besucht haben, hat er sich dermaßen weggeschossen (hat nicht mehr aufgehört zu weinen), dass sein Papa mit ihm draussen warten musste und meine Oma ganz verstört war. Oder bei Bekannten, die Hunde haben (welche er nicht mag) ist er auch meist zappelig, quengelig, ungehorsam, macht den Kasper, kann sich kaum beschäftigen, quatscht ständig dazwischen o.ä. Das hat sich allerdings inzwischen bei diesen speziellen Bekannten zumindest etwas gebessert, seit er mal ein paar Stunden dort alleine war, weil wir weg mussten. Aber bei einem Ausflug neulich (Burgenfest) hat er auch jedes Mal zehn statt einer Aufforderung gebraucht, etwas zu tun bzw. zu lassen - geht z.B. an Dinge dran, obwohl wir ständig gesagt haben, er soll nicht alles anfassen, kurzum - hört nicht. Und zuhause hört er eigentlich recht gut, auch wenn er zu vielen Dingen mehrere Aufforderungen braucht (z.B. anziehen, aufräumen, etc.), weil ihm ständig etwas Interessanteres in die Quere kommt.

Und was die Sozialkompetenz angeht - wir bemühen uns natürlich, ihn da so gut es geht zu fördern und auch selber Vorbild zu sein. Doch wir sind nunmal keine Menschen, die gerne im Mittelpunkt stehen und auf Partys oder ähnlichem sind wir eher unsicher, wenn wir die Leute um uns herum nicht so gut kennen. Mir fällt es nicht leicht, neue Leute kennen zu lernen, doch ich kann mich ja nicht plötzlich zu einem komplett anderen Menschen verwandeln. In meinem Leben hat es sich halt sehr oft gezeigt, dass man Menschen nunmal mit Vorsicht genießen sollte und ich auch nur mit wenigen auf einer Wellenlänge bin. Ich möchte, dass mein Sohn da unabhängig von meinen Erfahrungen seine eigenen Erkenntnisse sammelt, doch ganz vermeiden lässt es sich natürlich nicht, dass er merkt, dass wir z.B. nicht der Partyknüller sind o.ä. Wir haben einige Freunde, mit denen wir auch gerne etwas unternehmen, doch im Vergleich z.B. zu den Eltern der Freundin meines Sohnes sind wir wahre Mauerblümchen. Doch ich versuche auch, ihm bei der Suche nach Freunden im KiGa zu helfen, indem ich auch schon mal frage, ob er mal ein neues Kind einladen mag, das er nett findet oder bei der Kontaktaufnahme (Telefonnummern tauschen) helfe.

Zeit ist so ein Thema... sehr unterschiedlich, da wir beide berufstätig sind, ich aber teilweise von zu Hause aus arbeiten kann und auch nicht immer gleich viel arbeiten muss. Mein Lebensgefährte ist selbstständig und arbeitet von zu Hause aus. Jedoch bedeutet das nicht, dass wir deswegen den ganzen Tag Zeit für unseren Sohn haben - wenn wir beide arbeiten müssen, bleibt er bis nachmittags im KiGa oder muss sich zuhause halt mal etwas alleine beschäftigen. Meist klappt das inzwischen auch, da er ja zur Zeit auch unheimlich viel malt. Eine Zeit lang war es nahezu unmöglich zu arbeiten, wenn er daheim war.

Die Zeit an der "frischen Luft" ist dadurch eingeschränkt, da Sohnemann nur raus möchte, wenn jemand mit geht. Und wenn seine Freundin und wir keine Zeit haben, bleibt er lieber drinnen, obwohl er draussen Trampolin springen, rutschen, schaukeln oder Erdbeeren sammeln könnte, etc.

Doch oft ist es so, dass wir denken, wir tun ihm einen Gefallen, indem wir mit ihm in den Zoo fahren, oder zu eben genanntem Mittelalterfest, oder aber mal auf einen Flohmarkt, oder an einen Fluß in der Nähe, etc... Oft genug hat er aber daran gar keine Freude und quengelt wieder nur, und wir kommen absolut gestresst wieder zuhause an. Irgendwann haben wir dann auch keine Lust mehr auf gemeinsame Unternehmungen, da wir wissen, dass es oft genug in einem Desaster endet und alle nur wütend aufeinander sind. Was ihm im Moment Spaß macht ist Fahrrad fahren. Wenn wir sein Rad mitnehmen können, macht ihm sogar ein Spaziergang Spaß. Das war bis dato auch meist nur mit Nörgelei verbunden.

Ich gebe mir Mühe, ihn viel zu loben und auch seinem tausendsten Mario-Bild nicht zu wenig Beachtung oder Wertschätzung zu schenken. Doch es ist teilweise auch wirklich nervig, wenn man seit fast einem Jahr nur PERMANENT Mario hört (er redet unendlich viel davon), sieht (Bilder), liest (er beschriftet seine Bilder).... etc. und kaum "normale" Themen möglich sind. Oder wenn er den ganzen Tag ohne Punkt und Komma redet und man bombardiert wird, noch bevor man richtig wach ist - ich bin ein Mensch, der viel Ruhe braucht und ich reagiere ziemlich allergisch darauf, wenn man mich bedrängt oder eben nicht in Ruhe lässt, wenn ich darum bitte - das ist natürlich eine ungünstige Kombination.

Dennoch versuchen wir auch, ihm genug Zuwendung zu geben, sowohl in Form von Umarmungen, Kuscheln, Geschichte abends vorlesen, Aufmerksamkeit schenken, etc. Nur kann ich besonders bei der Aufmerksamkeit eben nicht immer meine eigenen Ansprüche ihm gegenüber erfüllen, sei es aus Zeitgründen oder aber wegen den ständig gleichen Themen.

Ist nun doch wieder etwas mehr geworden....

LG und nochmal Danke für Deine netten Worte,
Chelai
 

Ilona

Moderator
Teammitglied
Chelai

Aufgrund deiner Schildung könnte er neben der Hochbegabung auch ADHS haben
Fixirung auf ein Thema kann der Hyperfocus sein.

Nicht planmässiger Ablauf ist eine Überreizung für ADHSler daher ragieren sie auch oft mit trotz
Wenig Freunde: ADHSler ecken bei anderen kindern oft an weil sie schneller denken und schon 3 Schhritte weiter sind als Kinder ohne ADHS. Ausserdem sind sie meist sehr Sprunghaft und meistens haben sie auch auch eine niedrige tolleranzgrenze, bedeutet sie sind schnell sauer, verärgert.

Man muss sie auch oft erninnern as sie machen sollten den auf den Weg das zu tun entdecken sie etwas anderes interesanntes was sie dann vom eigentlichen Ablenkt.
Auch überfordern sie Sätze mit vielen Aufgaben
Also z.B. Zuerst ziehst du dich um, dann gehst du zähneputzen und dich Waschen.
Wenn man das letzte ausspricht haben sie das erste schon wieder vergessen.
Versuch mal immer nur eine Aufgabe zu geben.
Also Zieh dich bitte um. Wenn er das gemacht hat das nächste geh bitte zähneputzen usw.

Sie sind auch oft sehr Ägstlich, da sie nicht wissen wie sie sich nun in Gesellschaft verhalten sollen. Sie merken schnell, dass sie anders sind und wollen sich aber anpassen, was aber nicht so gut funktioniert. Es gibt dann kdiner die sich eher zurück ziehen oder die, die auf Konfrontationskurs gehen.

Es gibt im Internet massen an Seiten um herauszufinden ob die Tendenz gegeben ist.

Viele ADHSler sind im übrigen Hochbegabt.

Aber am besten suchst du im internet selber mal nach infos zu dem thema und kannst dann schauen ob es auf deinen Sohn zutrifft und gegebenenfalls einen Spezialisten aufsuchen.

Vieles was du beschreibst kenne ich von meinen Großen der ADHS hat.
 

Chelai

Neues Mitglied
Hallo Ilona,

danke für Deine Antwort.

Ja, die Thematik kam auch schon mal öfters zur Sprache.... Wir haben jetzt das von Dr. Dolittle empfohlene Buch ''Gemeinsam wachsen - der Elternratgeber ADHS: Verhaltensprobleme in Familie und Schule erfolgreich meistern." von Armin Born und Claudia Oehler von Kohlhammer agekauft und das lese ich grade. Mal sehen, ob wir vielleicht auch daraus brauchbare Tipps ableiten können. Wie schon geschrieben sind wir bereits seit kurzem mit ihm bei der Frühförderung, und auch das Thema ADHS wurde schon angesprochen.

Schöne Grüße
Chelai
 

Ilona

Moderator
Teammitglied
Chelai ich wünsche euch auf jeden Fall viel Erfolg bei dem Suchen des richtigen Weges.
 

Dr. Dolittle

Moderator
Teammitglied
Liebe Chelai,

ich habe mir einiges durch den Kopf gehen lassen und hoffe, Du wirst es mir nicht übelnehmen, wenn ich jetzt ein paar kritische Thesen aufstelle, was bei Euch nach meiner Ansicht besser laufen müßte, um die Probleme zu reduzieren. Ich wähle diesen Weg der Konfrontation, weil ich den Eindruck habe, daß Du ein wenig nach Ausflüchten suchst, weil Du eigentlich Angst vor Veränderungen hast, was eine Verbesserung der Situation behindert. Ich kann mich natürlich auch irren, aber das ist mein momentaner Eindruck.

- Ihr macht Euch gegenseitig kirre. Warum? Dein Sohn hat sich offenbar an sehr viele Regeln zu halten, somit habt ihr auch sehr häufig Gründe, ihn zu tadeln. Lösung: Reduziert den Regelberg auf das wirklich notwendige. Außerdem ermahnst Du ihn viel zu oft. Du sagst es erst einmal freundlich als Bitte, bietest dabei ggf. einen Kompromiß an, dann noch einmal freundlich, aber ganz deutlich als Ultimatum – danach ist Schluß. Es darf kein drittes Mal geben. An dieser Stelle ziehst Du sofort Konsequenzen, die sich wenn möglich direkt aus seinem Fehlverhalten ergeben. Du sitzt am längeren Hebel – nutz das aus. Und sei kreativ dabei.

- Ihr seid effektiv zu wenig für ihn da. Lösung: Organisiert Euch anders. Ihr könnt bspw. tagsüber mit ihm spielen und dafür noch ein wenig arbeiten, wenn er schon im Bett liegt, anstatt fernzusehen oder was auch immer. Wichtig ist dabei, wirklich 100% präsent zu sein, wenn ihr mit ihm etwas macht. Das wird Dir wegen Deinem Ruhebedürfnis schwerfallen, läßt sich aber trainieren. Versuche für den Anfang, eine bestimmte kurze Zeit vollkommen präsent zu sein, die Du dann Stück für Stück verlängern kannst. Wenn Dir Mario zu den Ohren wieder rauskommt, gehe nicht weiter darauf ein. Sag ihm, daß Du sehr gerne etwas mit ihm spielen möchtest, bloß kein Mario. Alles andere darf er sich aussuchen. Sei anfangs großzügig dabei, damit er lernt, Dir das zu glauben.

- Er bekommt zu wenig geeignete Sozialkontakte und zu wenig Bewegung außerhalb des Kindergartens. Lösung: Habe ich bereits einmal angesprochen (s. 17.08.) Organisiert Euch mit anderen. Dafür braucht es beileibe weder eine radikale Persönlichkeitsveränderung noch Megapartybesuche. Das wäre auch beides gar nicht gut für Euren Sohn. Ihr müßt bloß dieser Notwendigkeit eine deutlich höhere Priorität einräumen. Geht bspw. mit ihm auf einen belebten Spielplatz, statt ihn alleine in den Garten zu schicken. Schickt ihn öfter als einmal pro Woche zum Sport. Geht alle zusammen irgendwo hin, wo Kinder die Sachen anfassen dürfen, statt sich zurückhalten zu müssen. Verabredet Euch mit anderen Eltern zu Entdeckertouren im Wald oder zum Ballspielen, anstatt bloß Spazieren zu gehen (Ööööööde!!!!!1elf). Da braucht es auch keine großen Gruppen. Ein oder zwei weitere Kinder reichen schon aus und sind zigmal besser, als ständig nur die eigenen Eltern um sich zu haben. Ihr könnt auch andere Kinder alleine mitnehmen oder ihn anderen Eltern mitgeben.

- Du differenzierst zu wenig. Das tausendste Mariobild würde von mir bloß ein müdes „Fein“ bekommen und ich würde davon schwärmen, was für ein schönes anderes Bild er mir malen könnte. Wenn er das dann tatsächlich macht, gibt es einen spontanen Freudentanz oder sowas. Mach allgemein große Unterschiede beim Loben und hebe vor allem das hervor, was ihn echtes Bemühen gekostet hat.

- Du vermittels ihm ungewollt ein zu negatives Menschenbild. Der wahrscheinlich schwierigste Punkt für Dich. Versuche, Beziehungen zu anderen aufzubauen, ohne sie gleich so nahe an Dich heranzulassen, daß Du verunsichert wirst. Für einfache Treffen zum Spielen oder Tagesausflüge sind oberflächliche Beziehungen meist ausreichend. Erwarte nicht mehr, als ein paar Stunden gemeinsames Spiel Eurer Kinder und ein wenig Smalltalk, dann wirst Du auch nicht so leicht enttäuscht werden können.

Es freut mich zu lesen, daß Du das Büchlein bereits in Angriff genommen hast und bin weiterhin sehr zuversichtlich, daß es Euch weiterhelfen wird. Außerdem würden Dir ab und an ein paar Entspannungsübungen gut tun. Von bewußtem Atmen über Tai Chi bis hin zu progressiver Muskelrelaxation gibt es ein weites Spektrum. Such Dir irgendetwas davon aus, womit Du gut zurecht kommst und trainier es, bis es ein selbstverständlicher Teil Deines Alltags geworden ist. Dann kannst Du auch dem zehntausendsden Mario und stundenlangen Protesten noch mit Gelassenheit ins Gesicht sehen.

Liebe Grüße

Dr. Dolittle


P.S.: „- wenn wir beide arbeiten müssen, bleibt er bis nachmittags im KiGa oder muss sich zuhause halt mal etwas alleine beschäftigen. Meist klappt das inzwischen auch, da er ja zur Zeit auch unheimlich viel malt.“

Fällt Dir da etwas auf ...?
 

Chelai

Neues Mitglied
Lieber Dr. Dolittle,

danke für Deine Antwort. Es ist schön, dass Du Dir so viel Zeit nimmst, um Dich mit meiner Frage zu befassen. Doch beim letzten Beitrag bist Du bezüglich der Schlussfolgerungen vielleicht ein wenig übers Ziel hinaus geschossen. Die Thesen, die Du aufgestellt hast lassen sich nicht ohne weiteres so aus dem ableiten, was ich bisher über uns erzählt habe, da Du unseren Alltag hierfür doch noch zu wenig kennst.

Nein, ich habe nicht ungewöhnlich viel Angst vor Veränderungen. Es gibt jedoch Gründe, weshalb manche Dinge eben so sind, wie sie sind. Und da ich ein Mensch bin, der sich ohnehin sehr viele Gedanken über alles macht und jede Entscheidung mehr als einmal durchdenkt, dauert es zum einen immer etwas, bis ich eine Entscheidung treffe. Dann ist diese jedoch meist von meiner Sicht aus wohlüberlegt. Mag sein, dass das auf Dich wie Angst vor Veränderung wirkt. Ich sehe es allerdings eher als meine Art und Weise an, Entscheidungen zu treffen.

Mein Sohn hat sich an gewisse Regeln zu halten, das ist durchaus richtig. Und das aus voller Überzeugung unsererseits. Gerade Kinder wie er brauchen meiner Ansicht nach klare Regeln. Ich weiß, dass die laissez faire Erziehung heutzutage Hochkonjunktur hat, aber ich teile diese Einstellung nicht und denke, dass sie auch die Ursache für die Probleme vieler Eltern ist. Wenn wir (um beim konkreten Beispiel zu bleiben) auf einem Burgenfest sind mit vielen Handwerkerständen (aber auch mit vielen Kinderspielen), dann erwarte ich von meinem Sohn, dass er nicht überall hinlangt und Dinge herunterwirft. Bei den Kinderspielen kann er sich dann austoben. Ich habe selbst auch schon als Verkäufer gearbeitet und ich finde Eltern, die nichts unternehmen, wenn die Kinder den ganzen Laden umkrempeln ziemlich unmöglich. Auch finde ich es angebracht, meinem Sohn auf einem gefährlichen Gelände die Anweisung zu geben _hier_ nicht herum zu hüpfen, weil es eben gefährlich ist und rechts und links steil herunter geht, sowie zudem noch viele Leute ebenfalls dort herumkraxeln. Auf der nächsten Wiese kann er dann von mir aus herumhüpfen soviel er will. Er hat auch kein gutes Gefahrenbewusstsein für sein Alter, z.B. an Straßen würde er nach wie vor ohne zu schauen herüberlaufen, obwohl wir das wirklich permanent üben. Daher sind gewisse Regeln allein schon aus Sicherheitsgründen notwendig, die vielleicht bei anderen Kindern in seinem Alter nicht mehr notwendig sind. Und woher nimmst Du die Info, dass wir ihn zu oft ermahnen und keine Konsequenzen ziehen? Verstehe ich nicht so ganz. Logische Konsequenzen folgen hier ziemlich zügig, sind jedoch gerade bei Ausflügen nicht immer ganz so leicht umzusetzen wie daheim. Das hat er vermutlich auch schon herausgefunden und benimmt sich entsprechend. Doch daran arbeiten wir ja.

Ich glaube nicht, dass wir effektiv zu wenig für ihn da sind. Viele Kinder (mich früher als Kind inklusive) verbringen wesentlich weniger Zeit (auch aktiv gemeinsam verbrachte Zeit) mit ihren Eltern. Und ich glaube auch, dass es einem Kind nicht schadet, wenn er sich einen Teil des Tages alleine mit sich selber beschäftigen muss. Ich teile nicht die Ansicht, dass Kinder immer rund um die Uhr unterhalten werden müssen - sei es durch die Eltern, Vereine oder das Fernsehen/Computer/Internet.

Ich weiß ja nicht, wie Dein Beruf aussieht, doch unser Beruf erfordert in der Regel ein gewisses Maß an Konzentration und wenn ich nicht grade das Glück habe, ab und an von zu Hause aus arbeiten zu können eine gewisse Anwesenheitspflicht von 8 bis mindestens 17 Uhr. Kunden sind normalerweise eher nicht bereit, abends nach 20 Uhr anzurufen, und ausserdem bin ich auch irgendwann entsprechend müde. Sofern ich also gute Arbeit leisten und auch meine Pflichten erfüllen möchte, ist die Idee, tagsüber mit dem Kind zu spielen und nachts zu arbeiten nicht praktikabel. Ich finde es aber auch wie gesagt nicht schlimm, wenn er die Zeit vom Ende des Kindergartens bis zum Feierabend entweder alleine oder aber mit einer eingeladenen Freundin verbringen muss.

"P.S.: „- wenn wir beide arbeiten müssen, bleibt er bis nachmittags im KiGa oder muss sich zuhause halt mal etwas alleine beschäftigen. Meist klappt das inzwischen auch, da er ja zur Zeit auch unheimlich viel malt.“ Fällt Dir da etwas auf ...? "Was soll mir daran auffallen? Er malt immer und überall, und beschwert ich sogar, wenn er vor dem Kindergarten nicht malen kann oder bei Oma keine Zeit zum Malen hat. Er liebt diese Malerei und ich glaube kaum, dass ich ihm damit schade, wenn ich ihm Zeit zum malen lasse. Ich glaube auch nicht, dass es ihm schadet, bis nachmittags im Kindergarten zu bleiben. Dort hat er den Sozialkontakt, den Du bemängelst zur Genüge. Und es ist wohl für das Kind das geringere Übel, bis nachmittags im Kindergarten zu bleiben als Eltern zu haben, die sich die Miete nicht leisten können. Klingt vielleicht hart, aber so ist das Leben nunmal. Nicht jeder lebt in einer Familie, in der ein Elternteil Alleinversorger sein kann.

Wenn ich nicht arbeiten muss, gehen wir auch schon mal am Spielplatz vorbei, wenn ich ihn von Kindergarten abhole, doch dort muss man übrigens Glück haben, wenn mal ein oder zwei Kinder da sind. Oft genug ist dort nachmittags niemand, da hier fast alle Kinder einen "kleinen Spielplatz" im Garten haben und oft daheim, auf der Straße vor dem Haus oder bei Freunden spielen. Wir wohnen hier auf dem Land und wirklich gut besuchte Spielplätze gibt es hier im Ort nicht. Doch mein Sohn kann sich eine Freundin einladen oder aber diese besuchen. Seine beste Freundin hat leider selten Zeit, da sie schon sehr eingespannt in Schulaufgaben, Vereine, etc. ist, doch sie treffen sich trotzdem öfters mal. Wir haben auch eine (übrigens von mir ins Leben gerufene) Spielgruppe, mit der wir uns ein bis zwei Mal im Monat treffen (öfter ist aus beruflichen Gründen nicht drin). Auch unterstütze ich ihn wie gesagt bei der Kontaktaufnahme mit neuen Freunden (helfe ihm, diese einzuladen o.ä.) also denke ich nicht, dass ich zu wenig für die Sozialkontakte meines Sohnes tue. Ein Mal die Woche Sport ist zum einen organisatorisch schon gar nicht so einfach, da die Sportstunde auch während der Arbeitszeit ist. Es gibt hier noch einen Musikverein, bei dem mein Sohn vielleicht einmal hereinschauen möchte - doch ich finde, dann ist es für einen Fünfjährigen auch genug mit Vereinsaktivitäten. Ich halte nichts davon, wenn bei so jungen Kindern jeder Tag in der Woche komplett ausgebucht ist und die Eltern die Kinder permanent in der Weltgeschichte herumkutschieren. Mal abgesehen davon, dass es wie bereits gesagt auch zeitlich bei uns gar nicht drin wäre. Bezüglich des Spazierganges habe ich eigentlich auch gesagt, dass er es eben nicht mehr öde findet, seitdem er sein Fahrrad dabei hat - sondern inzwischen sogar schon öfters mal fragt, ob wir nochmal "Fahrradfahren gehen" können.

Woraus liest Du ab, dass ich ihm ein negatives Menschenbild vermittele? Ich habe _Dir_ (nicht meinem Sohn) erzählt, dass ich vorsichtig gegenüber neuen Menschen bin. Das war sozusagen Insiderwissen für Dich, hat aber mit meinem Sohn nichts zu tun. Ich kann durchaus differenzieren zwischen meinen eigenen Erfahrungen und dem, was ich meinem Kind vermittele. Ja, selbst ich habe durchaus Beziehungen zu Mitmenschen, und ich baue auch neue Verbindungen zu Menschen auf. Lediglich vielleicht nicht so einfach und unkompliziert wie manch anderer Mensch das tut. Das war jedoch nur eine Info für Dich am Rande und bedeutet nicht, dass ich meinem Sohn ein schlechtes Menschenbild vermittele, oder aber erwarte, dass er ebenso vorsichtig ist. Und nein, ich selber habe auch kein schlechtes Menschenbild. Vorsicht ist nicht mit Verbitterheit gleichzusetzen.

Auch wenn Du Dich jetzt fragst, was für Hilfe ich mir erwarte - Es sind nicht wirklich die normalen "kind-typischen" Verhaltensweisen, die mir Sorge bereiten und bei denen ich mir im Umgang unsicher bin. Vielmehr die ungewöhnlichen Dinge wie eben die Fixierung auf sein Spezialthema und seine Zappelei, der ungehemmte Redefluss sowie das unangemessene Verhalten in manchen Situationen (wie die Ausflüge), die uns Probleme bereiten. Bezüglich Mario haben wir auch das von Dir beschriebene Vorgehen schon öfters ausprobiert - dann malt er mal zwischendurch für Mama eine Rose (natürlich wird das entsprechend gelobt) und dann geht es wie vorher wieder weiter. Wir haben diesbezüglich wirklich nahezu alles versucht und es ändert an der Fixierung überhaupt nichts. Es erreicht ihn gar nicht richtig.

Nichts für ungut, aber vielleicht solltest Du nicht ganz so schnell Urteile fällen, sondern zunächst Vorschläge bereiten ohne zu beurteilen.

Schöne Grüße
Chelai
 

Dr. Dolittle

Moderator
Teammitglied
Liebe Chelai,

es waren nur Thesen und Vorschläge, keine Urteile. Dazu kenne ich Dich wirklich viel zu wenig. Ich schreibe Dir demnächst noch ausführlicher dazu. Es war nicht meine Absicht, Dich zu beleidigen. Mit den überdeutlichen Formulierungen meiner Ideen wollte ich Streß-Antworten provozieren, um Dich ein wenig aus der Reserve zu locken und besser einschätzen zu können. Nimm`s mir bitte nicht gar zu übel. Ich weiß, das war ein bißchen gemein von mir;)

Vielleicht kannst Du Dir in der Zwischenzeit schon mal überlegen, woran Du bereit wärst, ggf. etwas zu ändern und was in jedem Fall so bleiben soll, wie es ist.

Viele Grüße

Dr. Dolittle


P.S.: Du siehst das ständige Malen von Mariobildern einerseits als problamatisch, andererseits aber auch als erfreulich an. Wie soll Dein Sohn das bewerten?
 

Chelai

Neues Mitglied
Hallo Dr. Dolittle...

was ich ändern könnte, muss ich mir wirklich in Ruhe mal überlegen. Aber bezüglich der Bilder kann ich nur sagen, ich finde es natürlich toll, dass er so viel und so gut malt, aber eben halt nicht immer nur das gleiche Thema. Die Mario-Bilder sind auch schön anzusehen und technisch schon sehr gut (kein Wunder, so oft wie er übt), doch ich finde es eben nicht gut und auch nicht normal, dass seine Interessen NUR und so intensiv um das Thema (oder ganz ähnliche Themen wie andere Computerspiele oder Pokemon) geht. Selbst die Kinderpsychologin bei der Frühförderung hatte ja gesagt, so extrem wie bei meinem Sohn habe sie eine solche Fixierung selber noch nicht erlebt.

Habe grad nicht so viel Zeit, daher bis bald!
Chelai
 

Dr. Dolittle

Moderator
Teammitglied
Liebe Chelai,

das wird jetzt vermutlich wieder ziemlich einseitig negativ rüberkommen, soll aber nicht heißen, daß Du nicht vieles sehr gut machst, was fraglos zutrifft. Ich sehe bloß keinen Sinn darin, ständig über die Dinge zu schreiben, die nicht geändet werden brauchen, um Eure Probleme zu lösen. Darum lege ich den Finger gezielt in die Wunde, anstatt immer wieder darauf hinzuweisen, was Du alles schon gut machst.

Angst vor Veränderungen ist vielleicht etwas hochgegriffen, aber so ganz von der Hand zu weisen ist es nicht, daß Du ungern von Deinen wohlüberlegten Grundsätzen abweichst, um stattdessen etwas neues zu machen. Du argumentierst recht viel dahingehend, wieso das, was Du machst, gut und richtig ist, in der Form, in der Du es machst, versteifst Dich darauf. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Diese systemstabilisierende Denk- und Handlungsweise läßt aber kaum Änderungen zu. Du landest gedanklich sehr schnell wieder auf den breitgetretenen Pfaden Deiner alten Argumentationsstruktur, die durch einzelne neue Ideen nicht durchbrochen werden kann. Es ist schwierig, jemanden von etwas anderem zu überzeugen, der alles bereits hundertmal durchdacht und die daraus resultierenden Ergebnisse implementiert hat. Häufig windest Du Dich geradezu um den Kern der Sache herum, indem Du auf benachbarte Gemeinplätze ausweichst, die einen vermeintlich engen Rahmen stecken, obwohl sie nur indirekt mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Ich habe bspw. von kurzen Phasen völliger Präsenz geschrieben - Du hältst rund um die Uhr Bespaßung dagegen. Ich schreibe, strukturiert Euren Tagesablauf ab und an ein wenig um - Du antwortest, da gibt es keine einzige Veränderungsmöglichkeit, weil Du abends müde wirst. Ich schreibe weniger Regeln - Du bist gleich bei laissez faire. So ähnlich argumentierst Du an diversen Stellen – am Thema vorbei auf Schlagwörter und Gemeinplätze flüchtend. Du klebst an Deinen Vorstellungen, läßt Dich nicht eimal gedanklich auf meine Änderungsvorschläge ein, da Dir bereits die Vorstellung einer Änderung zu viel ist. Wenn Deine festgefahrenen Verhaltensweisen in Frage gestellt werden, gehst zum Gegenangriff über, anstatt Alternativen ernsthaft zu überdenken, denn Du hast ja vorher schon alles gründlich durchdacht.

Noch etwas zum inhaltlichen: Klare Regeln, die konsequent durchgesetzt werden, sind fraglos richtig und wichtig. Nur wenige, dafür aber besonders gezielt gesetzte Regeln, wirken dabei als Präzisionsinstrumente. Das optimale Verhältnis von Aufwand zu Ergebnis ist das Ziel. Mehr Regeln machen noch lange keine bessere Erziehung. Mir scheint, Du versuchst durch mehr Regeln (= weniger laissez faire), Probleme zu lösen, die mit weniger Regeln, dafür in optimierter Form, gar nicht erst entstehen würden. Laissez faire hatte übrigens eher in den Siebzigern Konjunktur. Heutzutage ist es Versicherungsdenken - alles muß perfekt gestaltet und abgesichert sein. Das ist eher eine laissez faire Phobie. Zu Deinen konkreten Beispielen die Frage: Warum denkt Ihr, es würde ihm Freude bereiten, irgendo hinzugehen, wo er XYZ nicht darf, sich benehmen muß? Wenn es ihm Spaß machen soll, geht doch nur zu den Kinderspielen und behüpfbarem Terrain. Wenn er sich oft genug ausleben kann, kann er sich in den unvermeidlichen Situationen wie Straßenverkehr eher konzentrieren. Wenn Du nicht alles zehnmal sagst, wird er Dir auch wieder besser zuhören können. Das meinte ich mit zu oft ermahnen. Wie gesagt: Einmal nett, einmal deutlich, Schlußstrich.

Mit effektiv zu wenig für ihn da meine ich, praktisch zu oft in Gedanken nebenbei noch mit Konflikten und Dir selber beschäftigt, anstatt nur in seiner Erlebniswelt, ausschließlich bei ihm zu sein. Und Du brauchst Deinem Sohn nichts über Dein Menschenbild erzählen, denn er erlebt Dich und Deine Bedenken jeden Tag hautnah. Du strebst im Umgang mit Menschen und auch sonstigem sehr nach Sicherheit. Das vermittel den Eindruck, alles mögliche wäre furchtbar unsicher, wenn man sich nicht intensiv um Absicherung bemüht.

Es bleibt die Frage, warum hast Du Dich überhaupt an dieses Forum gewandt, wenn doch eigentlich alles, was Du machst, so bleiben soll, wie es ist? Meine Vermutung: Du scheinst Dir vorzustellen, die „ungewöhnlichen Dinge“ ließen sich separat vom sonstigen Erziehungsverhalten beheben. Da muß ich Dir mitteilen, daß dies zumindest bei dem von Dir geschilderten nicht funktionieren wird. Entweder stellst Du grundsätzlich einiges zumindest teilweise um, oder alles bleibt beim alten. Trennen läßt sich das nicht.

Liebe Grüße

Dr. Dolittle
 

Chelai

Neues Mitglied
Lieber Dr. Dolittle,

ich denke immer noch, dass Du mit Deinen kritischen Vorschlägen nicht wirklich auf das eingehst, was ich frage, und dass es nicht wirklich zielführend ist. Ich will nicht abstreiten, dass das Verhalten der Eltern sehr viel Einfluss auf das Verhalten der Kinder hat, und auch nicht behaupten, dass wir keinerlei Fehler in der Erziehung machen.

Doch es geht sich ganz konret um ein Verhalten, das _mein Sohn_ an sich trägt und nicht ich. Und ich gehe davon aus, dass es zu einem gewissen Teil veranlagt ist. Sein Vater war als Kind genauso und mein Sohn war bereits als kleines Baby ungewöhnlich zappelig, hatte Schlafprobleme und viele von den heute noch bestehenden Symptomen, die zu dem Zeitpunkt definitiv noch nicht durch irgendwelche übermässigen Regeln oder sonstige Erziehungsfehler verursacht worden sein konnten.

Ich finde es wenig hilfreich, dass Du meine kompletten Erziehungsansichten in Frage stellst, und die Erziehung als alleinige Ursache bzw. alleinige Lösungsmöglichkeit für das aktuelle Problem darstellst. Bzw. Du kannst meine Erziehungsansichten und meine menschlichen Schwächen gerne in Frage stellen, das ist Dein gutes Recht, doch dann musst Du Dich auch nicht wundern, wenn ich dazu Stellung nehme und eben diese Ansichten nicht teile. Wenn Du das als Gegen_Angriff_ empfindest, beschreibst Du damit, dass Du mich bereits angegriffen hast. Und ehrlichgesagt finde ich das unnötig. Auch wenn Du etwas Positives damit bezweckst. Ganz einfach weil viele der Dinge, die Du als gegeben vorraussetzt so nicht stimmen. Beispielsweise ermahne ich meinen Sohn eben nicht zigmal. Das scheinst Du aber nicht zu bemerken, obwohl ich es schon mehrfach gesagt habe, sondern kritisierst weiterhin daran herum, dass ich ihn zu oft ermahne. Was bringt das? Möchtest Du gerne in Frage stellen, dass ich die Wahrheit sage, bei dem, was ich hier schreibe?

Ich habe Dir klar formuliert, welche der vorgeschlagenen Änderungen nicht durchführbar sind, so, wie Du sie beschrieben hast. Was hat das mit Ausweichen zu tun? Natürlich befasse ich mich in meiner Freizeit und tagsüber an den Tagen, an denen ich nicht arbeiten muss mit ihm wie Du es vorgeschlagen hast. Aber eben in meiner Freizeit, und nicht während der Arbeitszeit. Und so schön das für alle Beteiligten wäre, daran ist auch nichts zu rütteln. Natürlich kann es durchaus vorkommen, dass zeitweise alle von Dir vorgeschlagenen Dinge machbar sind. Im normalen Alltag, auf den es wohl ankommt jedoch nicht. Wenn Zeit da ist, wird das Kind bespaßt, aber eben dann, wenn Zeit da ist. Und woher willst Du denn wissen, dass es zu viele Regeln sind? An welchem Teil meiner Frage oder meiner verschiedenen Antworten liest Du das heraus? Ich kann einfach nichts mit Argumenten anfangen, die auf Spekulationen basieren, wie die Erziehung und entsprechende Erziehungsfehler vermutlich bei manchen Leuten mit ähnlicher Problematik statistisch gesehen aussehen, oder was Du glaubst zwischen den Zeilen lesen zu können. Bei uns ist es jedenfalls nicht so, wie Du es bis jetzt herausgelesen hast.

Ich halte es ebenfalls für Unsinn, meine (subjektiven) Beobachtungen zu pathologisieren. In meinem Umfeld sehe ich sehr häufig diese so genannte laissez faire-Erziehung. 70er hin oder her, mich interessiert das, was ich täglich erlebe. Die Erzieher im Kindergarten, die Kindergartenleiterin und viele von unseren Freunden machen ähnliche Beobachtungen. Ich nenne das Meinung, nicht Phobie. Und mit den Regeln bzw. unserer Entscheidung, eben eine andere Erziehungseinstellung anzunehmen hatte ich bis dato auch nicht wirklich Probleme. Im normalen Alltag funktionieren die Regeln gut (natürlich nicht immer), und wir haben schon von vielen Leuten eben gerade für diese konsequente Erziehung positives Feedback bekommen. Jedoch denke ich auch, dass eben die Zappeligkeit nichts damit zu tun hat, dass die Regeln nicht wirken oder zu viel sind, sondern eher, dass er innerlich sehr unruhig ist. Und dass er an Punkten, an denen andere Kinder bei ebensolcher Erziehung weniger Probleme hätten Schwierigkeiten hat, die auf seiner Konzentrationsschwäche, inneren Unruhe, dem hier bereits genannten Hyperfokus und ähnlichen Dingen basieren. Für vieles sind die Eltern verantwortlich, keine Frage, aber eben nicht für alles. Ich wurde als Kind wesentlich strenger erzogen und hatte mehr Regeln zu befolgen, als mein Sohn, und bin dennoch ganz anders und nie so zappelig gewesen. Mein Lebensgefährte dagegen wurde ziemlich antiauthoritär und mit wenig Regeln erzogen, doch er zeigt die gleichen Auffälligkeiten wie mein Sohn, welcher nicht antiauthoritär erzogen wird.

Ich denke, ein Familienausflug sollte eine Unternehmung sein, an der alle Spaß haben. Und eben nicht nur das Kind, sondern alle Familienmitglieder sollten sich wohl fühlen. Das heißt, wenn Mama und Papa für 15 Minuten an irgendwelchen Marktständen vorbeilaufen möchten, sollte Sohnemann nach meinem Weltbild in der Lage sein, seine Impulse unter Kontrolle zu halten, und eben nicht alles anpatschen. Und dafür gibt es bei uns Regeln, und das aus wirklicher Überzeugung. Wenn Du das nicht so siehst, okay, kein Problem. Ich sehe es so. Und ebenso bekommt Sohnemann vorher oder im Anschluss genügend Zeit, die Dinge zu tun, die ihm Spaß machen. Hier steckt eben die andere Seite zurück. Aber ich gehöre nicht zu den Menschen, die bereit sind, ihre kompletten Interessen aufzugeben, damit das Kind sich bloß nicht mal 15 Minuten langweilen muss. Ich finde gerade diese komplette Aufopferung mancher Erwachsener ist der Grund, warum viele Kinder beim Schuleintritt enorme Probleme bekommen, wenn es daran geht, auch mal langweilige Dinge auszuhalten, ohne direkt den Affen zu machen. Und nein, das bedeutet nicht im Umkehrschluss, dass ich zu wenig für mein Kind tue, oder er zu wenig Dinge machen darf, die ihm Spaß machen.

Natürlich bin ich auch nebenbei manchmal mit eigenen Problemen beschäftigt. Ja, denn wenn Probleme da sind, sollte man sich damit beschäftigen, um sie zu lösen. Manche Menschen gehen einen geraden Weg ohne Stolpersteine durchs Leben, manche eben nicht. Und da ich zeitweise zur zweiten Kategorie gehöre, gehen sicherlich auch mal Problemgedanken durch meinen Kopf. Aber was erwartest Du jetzt von mir? Dass ich alles Problematische nicht nur aus meinen Worten, sondern sogar aus meinen Gedanken verbanne, nur um meinem Kind eitel Sonnenschein vorzuspielen? Ich verstehe wirklich nicht so recht, auf was Du hinaus möchtest. Was ist daran falsch, in gewissem Maße nach Sicherheit zu streben? Nein, er läuft nicht den ganzen Tag in Watte gepackt herum, falls Du das glaubst.

Weißt Du, indem Du permanent in irgenwelchen vermeintlichen und selbsterklärten Wunden herumstocherst, hilfst Du mir nicht wirklich. Ich habe nie den Anspruch erhoben, ein perfekter Mensch mit einer perfekten Erziehung zu sein. Vielleicht ist auch der Titel meines Ursprungsbeitrages nicht ganz glücklich gewählt, vielleicht hätte ich eher nach konkreten Tipps fragen sollen. Ich brauche es weder, dass jemand meine Methoden in den Himmel lobt noch herunterputzt, sondern bin an konkreten neuen praktischen Denkansätzen interessiert, bei denen es mir frei steht, sie anzunehmen oder abzulehnen. Ich habe auch bereits gesagt, dass ich mir Gedanken machen werde, was ich ändern kann und auch über alle Vorschläge nachdenke. Aber es steht mir doch wohl trotzdem frei, zu entscheiden, was ich gut finde und was nicht.

Wir haben anscheinend eine unterschiedliche Auffassung von guter Erziehung und eine leicht unterschiedliche Weltsicht, doch das besagt nicht, dass die eine besser ist als die andere. Und das stört mich an Deiner Argumentation. Du bestimmtst, welche Punkte richtig und welche falsch sind. Ich würde im umgedrehten Fall lediglich Denkansätze und Vorschläge liefern, nicht pathologisieren und auch nicht meine Weltsicht als die einzig richtige darstellen, denn das steht keinem von uns zu. Denn, wie sagte meine Oma so schön, "jeder Jeck is anders!"

Schöne Grüße
Chelai
 

Chelai

Neues Mitglied
PS.: Mit "hundert Mal zu allem auffordern" und Beratungsresistenz in meinem Ausgangsbeitrag meine ich nicht, dass wir hundert Mal hintereinander das gleiche sagen, bis Konsequenzen folgen, sondern dass trotz zügig angewandter Konsequenzen beim nächsten Mal das gleiche Problem wieder auftritt, und das wieder und wieder.... es eben unverhältnismäßig lange dauert, bis eine dauerhafte "Wirkung" eintritt. So als würde er (bildlich gesprochen) nicht wie andere Kinder einmal an eine Herdplatte packen müssen, um zu wissen, dass sie heiß ist - sondern eher 10 oder 20 Mal.
 

Dr. Dolittle

Moderator
Teammitglied
Liebe Chelai.

wir drehen uns langsam im Kreis. Schön, daß Dir selber noch Deine eigene Aussage hinsichtlich wiederholter Ermahnungen aufgefallen ist. Die vielen Regeln, die fehlende Zeit usw. hattest Du auch selber erwähnt. "Gegenangriff", weil Du Dich anscheinend angegriffen gefühlt hast, was nicht meine Absicht war. Deine Erziehungsgrundsätze greife ich eben so wenig an, wie Deine geistige Gesundheit. Ich argumentiere lediglich gegen Dein beharrliches Festhalten am status quo.

Zur Sache: Ja, ich sehe das auch so. Dein Sohn ist anders veranlagt und hat das zumindest teilweise von seinem Vater geerbt. Das ändert aber nichts daran, daß die darauf basierenden Probleme sich nur durch Erziehung ändern lassen; ggf. mit unterstützender Medikation. Medikamente gibt es aber nur, wenn eine Anpassung der Erziehung an die Bedürfnisse des Kindes nicht ausreicht.

Du sollst Deine Erziehung nicht ändern, weil sie grundsätzlich schlecht ist, sondern bloß deswegen, weil sie nicht das von Dir gewünschte und für ihn passende Ergebnis bringt. Eine Erziehung ist dann wirklich gut, wenn sie optimal zu dem zu erziehenden Kind und seiner Familie paßt. Wie Du es selber schreibst: Jeder Jeck ist anders.

Wenn Du ausschließlich für ein ganz bestimmtes, einzelnes Verhalten einen Ratschlag willst, dann stelle das gezielt vor. Vielleicht fällt Dir die Annahme eines Ratschlags dann leichter.

Doch egal, wie Du es drehst und wendest und egal, wie gut deine Erziehungsmaßnahmen grundsätzlich sind: Wenn sich etwas am Verhalten Deines Kindes ändern soll, mußt Du Deine Erziehung verändern. So ist das nun mal bei Kindern, ganz besonders solchen wie Dein Sohn. Solang Du das nicht akzeptieren kannst, laufen hier alle Bemühungen ins Leere. Das immer und immer wieder in Frage stellen der Gültigkeit von Regeln, das niemals enden wollende Austesten der Möglichkeiten und Grenzen, ist übrigens eines der auffälligsten und häufigsten Merkmale solcher Kinder. Daran mußt Du Dich leider gewöhnen.

Liebe Grüße

Dr. Dolittle
 

Celiah

Neues Mitglied
Hallo Chelai,

nun bin ich auch neu hier...

Ich habe Deinen Beitrag gelesen und dachte mir "moment.... das kenne ich - eins zu eins.
Mein Sohn wird in ein paar Tagen 9 Jahre alt und unsere Geschichte reicht auch bis in die Kindergartenzeit zurück.

Da ich momentan nicht all zu viel Zeit habe, vielleicht nur ein paar kurze Tipps, die wir momentan, nach vielen vielen Gesprächen mit Schule, Nachmittagsbetreuung, Kinderarzt, Psychologen, etc. (diese Gespräche ziehen sich nun schon ein paar Jahre....) auch versuchen umzusetzen.

Der Kinderarzt hat uns (meiner Meinung nach ein paar ganz nützliche, wenn auch manchmal im Alltag schwer umsetzbare) Ansätze vermittelt.

"Solche" Kinder brauchen, wie Du auch selbst schon geschrieben hast Konsequenz, Konsequenz und nochmal Konsequenz. Leider darf man selbst nicht einknicken und denken "naja, das nächste Mal, wenn er mal wieder xy tut, dann ziehe ich meine Regeln, Verbote, etc. wieder durch, aber dieses eine Mal geht es aus Zeitgründen o. a. nicht". Weil dann fängt man wieder von vorne an.....

Desweiteren hat uns der Arzt geraten einen festen Tagesablauf zu haben und das JEDEN Tag.
Eine feste Uhrzeit zum Aufstehen. Jeden Tag die gleiche Zeit lassen um sich morgens fertig zu machen (hier hilft eine Uhr mit der Erklärung "wenn der große Zeiger z.B. auf der zwölf ist, dann sind 15 Minuten um und Du bist im Bad fertig"), jeden Tag zur gleichen Zeit in den Kindergarten, jeden Tag zur etwa gleichen Uhrzeit abholen (ja auch das ist schwierig, vielleicht kann man hier sagen am Montag hole ich Dich immer um xx Uhr ab, am Dienstag immer dann, falls es von den Tagen her variiert), dann am Tag ist Spielzeit, um xx Uhr gibt es Abendessen usw. usw.

Ich habe den Arzt erst einmal angeschaut und gefragt "Wie stellen Sie sich das vor, wir sind berufstätig?" Seine Antwort darauf war simple... Es ist keine Garantie, dass es hilft, aber diese Kinder brauchen das. Sie brauchen Sicherheit und vor allem, sie brauchen feste Regeln, die selten und nur wenig variieren....

Seitdem wir bestmöglich versuchen es so umzusetzen muss ich sagen.... es ist nicht perfekt (perfekt wäre nun auch langweilig und ich mag meinen Sohn nicht grundlegend ändern, er ist toll, genau so wie er ist !!, aber viele Dinge sind doch einfach entspannter geworden. Nicht immer, aber doch immer öfter ;-)

Was auch ein großes Thema ist, klar tadeln wir unsere Kinder, wenn sie Blödsinn gemacht haben, aber wir müssen sie mehr loben und gute Dinge anerkennen und das unseren Kindern auch immer und immer wieder sagen, zeigen und spüren lassen. Mein Sohn braucht das.

Ich habe mir angewöhnt, wenn ich genau weiß, wir machen Etwas, eine Unternehmung oder so, die er gar nicht mag,meinem Sohn zu sagen "Hey, wir gehen jetzt jemanden besuchen, einkaufen, etc. und danach machen wir dafür xy (ein Eis essen gehen, auf den Spielplatz, zu Hause ein Spiel spielen, usw.)

Ich habe nun doch viel mehr geschrieben, als ich eigentlich wollte :) Ich bin mir nicht sicher, ob die Zusammenhänge meines Geschreibsels hier verständlich sind :)

Eigentlich wollte ich Dir viel Kraft, Ruhe und Durchhaltevermögen wünschen !!!

Ich denke ich werde die Tage noch einmal, dann vielleicht mehr, Zeit haben hier etwas zum Thema zu schreiben.

Vielleicht denkst Du auch, naja... das war mir nun alles nichts Neues....
Gut, dann war es nur ein Versuch meine Erfahrungen zu teilen :)

Liebe Grüße und noch einen entspannten Tag

Celiah
 

Chelai

Neues Mitglied
Hallo,

vielen Dank für Eure Antworten!

Lieber Dr. Dolittle: Ja, dass wir uns im Kreis drehen, ist mir auch schon aufgefallen. Daher lassen wir das mal lieber. Trotzdem danke für die Bemühungen.

Liebe Celiah: Vielen Dank für Deine aufmunternden Worte! Die Idee mit dem festen Tagesablauf hört sich sehr gut an. Ich werde mich bemühen, da etwas mehr Routine hinein zu bringen. Leider ist unser Tagesablauf immer eher flexibel, da mein Lebensgefährte selbstständig ist und nicht immer zu gleichen Zeiten arbeiten muss, und ich als Aushilfe bei zwei verschiedenen Firmen arbeite. Ich weiß manchmal am Tag vorher oder am Tag selber noch nicht, ob und wann ich arbeiten muss. Daher wäre die einzige Möglichkeit, z.B. beim Abholen vom KiGa generell zu sagen, wir holen Dich kurz vor Ende des KiGas ab, was jedoch sehr spät wäre... wenn ich daheim bin, hole ich ihn gerne früher ab. Ich weiß nicht, meinst Du es wäre besser, ihn jeden Tag erst um 16Uhr abzuholen? Ich dachte eher, es freut ihn, wenn er zwischendurch früher heim kann... Die Tage, an denen das möglich ist sind jedoch leider nicht regelmäßig da und eben schwer planbar. Erschwert den festen Tagesablauf natürlich ziemlich, doch auch ich merke an mir selber, dass mir es auch lieber wäre und besser geht, wenn der Alltag planbarer ist. Ich suche auch schon nach einer anderen Anstellung (u.a. aus dem Grund), aber leider hat sich bisher noch nichts getan diesbezüglich. Nächstes Jahr geht mein Sohn ja auch in die Schule, da ist dann alleine dort schon mehr Regelmäßigkeit vorhanden als beim Kindergarten. Die feste Uhrzeit zum Aufstehen müssten wir spätestens bis dann ja ohnehin einhalten. Vielleicht können wir es jedoch trotzdem noch irgendwie hinbekommen, das etwas zu verbessern...

Wir bemühen uns schon, auch immer zu bemerken, wenn er etwas gut macht und ihn dann auch zu loben - das ist sehr wichtig, da hast Du Recht... das braucht er auch.

Vielleicht sollten wir noch eher ankündigen, wenn eine Unternehmung ansteht, damit er sich darauf einstellen kann. Auch die "Entschädigung" für eine unliebsame Unternehmung ist eine gute Idee.. Hin und wieder handhaben wir das ohnehin jetzt schon so, aber vielleicht müsste man auch das regelmäßiger machen.

Danke und schöne Grüße,
Chelai

PS.: Lustig, dass sich unsere Namen so ähneln ;)
 
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