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Mirsche
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Ihr Name sei Pfirsich
VORNAMEN AUS ALLER WELT: In den USA geht alles
Von unserem Korrespondenten Markus Günther
FOTO: nn
Namen sind Schall und Rauch? Weit gefehlt. In Deutschland ziehen Eltern vor Gericht, um für einen exotischen Namen ihres Kindes zu kämpfen. Eltern in den USA haben das nicht nötig. Andere Länder, andere Namen. Was sind die populärsten Vornamen? Welche Rolle spielt die Tradition, welchen Einfluss haben Popstars? In einer lockeren Serie berichtet die Badische Zeitung über die Namensvorlieben in aller Welt. Den Auftakt macht unser Amerika-Korrespondent Markus Günther.
Über 700 Ratgeberbücher versprechen werdenden Eltern in den USA wahlweise den "perfekten" , "besten" oder "schönsten" Namen für ihr Kind. Vermutlich ist dieser Markt so umsatzstark, weil viele glauben, was die Autorin Janet Schwegel behauptet: "Mit dem richtigen Namen wird Ihr Kind später mehr Freunde haben, leichter einen Lebenspartner finden und mehr Geld verdienen."
Tatsächlich ist auch in den USA die Namensvielfalt in den letzten Jahrzehnten immer größer geworden. Zu den Klassikern christlich-jüdischer Tradition sind die Exoten aus fernen Ländern gekommen und die Phantasienamen, die sich Eltern selbst ausgedacht haben. Da es keine gesetzlichen Beschränkungen gibt, ist alles möglich: Dollar und Penny, Summer (Sommer) und Autumn (Herbst), Apple (Apfel) und Peach (Pfirsich) oder Diamond (Diamant). Sogar Sonderzeichen sind erlaubt, sodass man gelegentlich den Namen K8 (8, im Englischen eight, der Name spricht sich Kate) sieht. Vor allem Popstars fallen durch ihre Vorliebe für außergewöhnliche Namen auf — und die Masse eifert ihnen nach.
Anders als in Deutschland muss ein Name in den USA auch nicht notwendigerweise das Geschlecht zu erkennen geben: Madison, Taylor und Jordan sind Namen, die sowohl an Mädchen als auch an Jungen vergeben werden. Zu den Trends der letzten Jahre gehört die seltsame Mode, Familiennamen zu Vornamen zu machen, etwa Tyson, Carson, Riley oder Jackson. Die traditionellen Namen halten sich aber erstaunlich gut: Michael, Jacob und Matthew stehen seit Jahrzehnten immer auf den vordersten Plätzen. Dabei spielt eine Rolle, dass in den USA immer noch viele erstgeborene Söhne nach dem Vater benannt werden und dann als Michael Smith Jr. durchs Leben gehen oder eine römische Ziffer — III, IV oder V — dem Namen nachgestellt wird. Das ist wohl auch die Erklärung dafür, dass altmodische Namen nie ganz aus den Hitlisten verschwinden: Jungennamen wie Richard und Charles sind zwar sehr aus der Mode gekommen, stehen aber immer noch unter den ersten 100 Namen. Und traditionsreiche Namen wie Josef und Wilhelm, die in Deutschland derzeit vom Aussterben bedroht sind, stehen als Joseph und William immer noch unter den ersten zwölf der beliebtesten Vornamen.
Die Namensgebung der Schwarzen ist ein Kapitel für sich, weshalb auch eigene Listen für "schwarze Vornamen" veröffentlicht werden. Unter Schwarzen, die im Zeitalter der Sklaverei einen Namen vom Sklavenhalter bekamen, ist der Wunsch nach einzigartigen Namen stark ausgeprägt. 30 Prozent aller Babynamen, die schwarze Kinder 2004 in Kalifornien bekamen, waren tatsächlich einzigartig: Sie wurden kein zweites Mal vergeben. Das liegt sowohl an phantasievollen Schöpfungen als auch an eigenwilligen Schreibweisen: DeShawn (derzeit der Top-Name für schwarze Jungen), DeAndre, Shanice, Pourisha, McKinna. Namen wie diese haben auch Nachteile: Sie verraten ihre Träger als "Getto-Kinder" . Immer häufiger werden auch "sprechende Namen" gewählt, die entweder die Liebe zum Kind — Precious (Kostbar) — , seine erhofften Charaktereigenschaften — Honest (Ehrlich) — oder die Geschichte der Zeugung — Chance (Zufall) — andeuten sollen.
Dieser Trend ist nicht so neu, wie man glauben mag. Schon die Pilgerväter auf der Mayflower gaben ihren Kindern bedeutungsvolle neue Namen wie Charity (fürsorgliche Liebe) und Hope (Hoffnung). Der Versuch, Eigenheiten oder Lebensweg des Kindes im Namen vorzuzeichnen, kann freilich auch scheitern. Gut dokumentiert ist der Fall von Robert Lane, der in Harlem Ende der fünfziger Jahre seine beiden Söhne Winner und Loser (Sieger und Verlierer) nannte. Wie er darauf kam, ist nicht bekannt. Loser jedenfalls war Klassenbester und machte später in der New Yorker Stadtverwaltung Karriere. Winner dagegen stand als Krimineller schon 30 Mal vor Gericht und sitzt derzeit wieder ein. Namen, man ahnt es ja, sind doch Schall und Rauch.
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/welt/54,51-10408762.html
VORNAMEN AUS ALLER WELT: In den USA geht alles
Von unserem Korrespondenten Markus Günther
FOTO: nn
Namen sind Schall und Rauch? Weit gefehlt. In Deutschland ziehen Eltern vor Gericht, um für einen exotischen Namen ihres Kindes zu kämpfen. Eltern in den USA haben das nicht nötig. Andere Länder, andere Namen. Was sind die populärsten Vornamen? Welche Rolle spielt die Tradition, welchen Einfluss haben Popstars? In einer lockeren Serie berichtet die Badische Zeitung über die Namensvorlieben in aller Welt. Den Auftakt macht unser Amerika-Korrespondent Markus Günther.
Über 700 Ratgeberbücher versprechen werdenden Eltern in den USA wahlweise den "perfekten" , "besten" oder "schönsten" Namen für ihr Kind. Vermutlich ist dieser Markt so umsatzstark, weil viele glauben, was die Autorin Janet Schwegel behauptet: "Mit dem richtigen Namen wird Ihr Kind später mehr Freunde haben, leichter einen Lebenspartner finden und mehr Geld verdienen."
Tatsächlich ist auch in den USA die Namensvielfalt in den letzten Jahrzehnten immer größer geworden. Zu den Klassikern christlich-jüdischer Tradition sind die Exoten aus fernen Ländern gekommen und die Phantasienamen, die sich Eltern selbst ausgedacht haben. Da es keine gesetzlichen Beschränkungen gibt, ist alles möglich: Dollar und Penny, Summer (Sommer) und Autumn (Herbst), Apple (Apfel) und Peach (Pfirsich) oder Diamond (Diamant). Sogar Sonderzeichen sind erlaubt, sodass man gelegentlich den Namen K8 (8, im Englischen eight, der Name spricht sich Kate) sieht. Vor allem Popstars fallen durch ihre Vorliebe für außergewöhnliche Namen auf — und die Masse eifert ihnen nach.
Anders als in Deutschland muss ein Name in den USA auch nicht notwendigerweise das Geschlecht zu erkennen geben: Madison, Taylor und Jordan sind Namen, die sowohl an Mädchen als auch an Jungen vergeben werden. Zu den Trends der letzten Jahre gehört die seltsame Mode, Familiennamen zu Vornamen zu machen, etwa Tyson, Carson, Riley oder Jackson. Die traditionellen Namen halten sich aber erstaunlich gut: Michael, Jacob und Matthew stehen seit Jahrzehnten immer auf den vordersten Plätzen. Dabei spielt eine Rolle, dass in den USA immer noch viele erstgeborene Söhne nach dem Vater benannt werden und dann als Michael Smith Jr. durchs Leben gehen oder eine römische Ziffer — III, IV oder V — dem Namen nachgestellt wird. Das ist wohl auch die Erklärung dafür, dass altmodische Namen nie ganz aus den Hitlisten verschwinden: Jungennamen wie Richard und Charles sind zwar sehr aus der Mode gekommen, stehen aber immer noch unter den ersten 100 Namen. Und traditionsreiche Namen wie Josef und Wilhelm, die in Deutschland derzeit vom Aussterben bedroht sind, stehen als Joseph und William immer noch unter den ersten zwölf der beliebtesten Vornamen.
Die Namensgebung der Schwarzen ist ein Kapitel für sich, weshalb auch eigene Listen für "schwarze Vornamen" veröffentlicht werden. Unter Schwarzen, die im Zeitalter der Sklaverei einen Namen vom Sklavenhalter bekamen, ist der Wunsch nach einzigartigen Namen stark ausgeprägt. 30 Prozent aller Babynamen, die schwarze Kinder 2004 in Kalifornien bekamen, waren tatsächlich einzigartig: Sie wurden kein zweites Mal vergeben. Das liegt sowohl an phantasievollen Schöpfungen als auch an eigenwilligen Schreibweisen: DeShawn (derzeit der Top-Name für schwarze Jungen), DeAndre, Shanice, Pourisha, McKinna. Namen wie diese haben auch Nachteile: Sie verraten ihre Träger als "Getto-Kinder" . Immer häufiger werden auch "sprechende Namen" gewählt, die entweder die Liebe zum Kind — Precious (Kostbar) — , seine erhofften Charaktereigenschaften — Honest (Ehrlich) — oder die Geschichte der Zeugung — Chance (Zufall) — andeuten sollen.
Dieser Trend ist nicht so neu, wie man glauben mag. Schon die Pilgerväter auf der Mayflower gaben ihren Kindern bedeutungsvolle neue Namen wie Charity (fürsorgliche Liebe) und Hope (Hoffnung). Der Versuch, Eigenheiten oder Lebensweg des Kindes im Namen vorzuzeichnen, kann freilich auch scheitern. Gut dokumentiert ist der Fall von Robert Lane, der in Harlem Ende der fünfziger Jahre seine beiden Söhne Winner und Loser (Sieger und Verlierer) nannte. Wie er darauf kam, ist nicht bekannt. Loser jedenfalls war Klassenbester und machte später in der New Yorker Stadtverwaltung Karriere. Winner dagegen stand als Krimineller schon 30 Mal vor Gericht und sitzt derzeit wieder ein. Namen, man ahnt es ja, sind doch Schall und Rauch.
Quelle: http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/welt/54,51-10408762.html