Kann mir jemand helfen?

Smiley

Mitglied
Mich interessiert eure Meinung:

Ich bin mit meinem Freund (26) seit fast 9 Jahren zusammen. Wir haben Höhen und Tiefen erlebt, sind durch dick und dünn gegangen und haben uns gegenseitiug halt gegeben.
Natürlich hatten wir auch oft Probleme und Auseinandersetzungen. Vielleicht könnt ihr mir helfen sein Verhalten zu verstehen:
Er hatte eine sehr schlechte Kindheit, seine Eltern haben vor körperlichen und seelischen Grausamkeiten keinen Halt gemacht.
Trotzdem VERGÖTTERT er seine Eltern, vor allem seinen Vater. Ich verstehe das nicht! Seine Eltern haben ihm so viel Schlimmes angetan und so viel verbaut! Warum lässt er nichts über seinen Vater kommen und eifert ihm nach?
Ist das nur eine Phase (verlorene Kindheit versuchen nachzuholen) oder wird es immer so bleiben?
Wird er sich seinen Kindern gegenüber später genauso verhalten wie sein Vater es ihm gegenüber getan hat?
Ich habe immer das Gefühl ihn ins offene Messer laufen zu lassen, wenn er viel Zeit mit seinem Vater verbringt. Ich weiß, dass er große Erwartungen und Hoffnungen hat. Er sucht etwas und bettelt regelrecht um die Aufmersamkeit seines Vaters. Mein Freund wird dann so oft enttäuscht und verletzt, weil seine Erwartungen nicht erfüllt werden. Er redet kaum darüber und lässt sich nichts anmerken, doch ich merke sofort, wenn was nicht stimmt.
Leider reagiert er sehr ungehalten, wenn man ihn auf seine Eltern anspricht und blockiert sofort.
Die Menschen, die ihm etwas Gutes wollen und die wahren Freunde, verletzt er oft. Und zu den falschen Leuten fühlt er sich hingezogen. Da geht es dann nur ums Saufen, auf Tour gehen, "Weiberschau" und dümme Sprüche.
Will oder kann er nicht erwachsen und reifer werden?
 

Ilona

Moderator
Teammitglied
Das verhalten sieht man oft bei Menschen denen in der Kindheit Gewalt angetan wurde. Sie versuchen auf Teufel komm raus die Anerkennung von den Personen zu bekommen die sie in der Kindheit nicht erhalten haben.
Es ist ein langer Weg für ihn sich einzugestehen, dass er diese nie bekommen wird.
Auf alle Fälle ist immer psychologische Hilfe dafür notwendig.
Er hat es durch seinen Vater vorgelebt bekommen und eifert ihm nach den trotz des Fehlverhaltens des Vaters ist er für ihn ein Vorbild. Er kennt es ja nicht anders. Ob er sich nun auch so gegenüber seinen Kindern so verhalten wird kann man nicht genau sagen. Einige Menschen denen so etwas passiert sind verhalten sich ihren eigenen Kindern völlig anders gegenüber als sie es zu spüren bekommen haben, da sie wissen, dass das Verhalten der Eltern falsch war und sie sehr gelitten haben dun sie dieses leid ihren Kindern ersparen wollen. Sie versuchen dann die Perfekten Eltern in deinem fall der perfekte Vater zu sein andere wiederum rutschen in das Verhaltensmuster was ihnen Vorgelebt wurde und sind ihren Kindern gegenüber so wie die Eltern ihnen gegenüber waren. Man kann da nicht pauschalisieren.
Ich würde dir raten ihn mal dazu zu bewegen sich Hilfe zu holen.
Denn anders ist so etwas kaum zu verarbeiten auch nicht mit Hilfe des verständnisvollsten Partners.

Ich wünsche dir viel Erfolg dabei den es ist meistens nicht leicht einen Menschen dazu zu überzeugen das Hilfe von außen notwendig ist.
 
K

Katy

Guest
Ich sehe es wie Ilona, da ist Hilfe von aussen notwendig.

Sein Verhalten ist bei dem was erlebt hat in der Tat nicht unnormal. Für andere ist das nicht nachvollziehbar. Das schafft immer eine gewisse Distanz. Das ist viel Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt.
Und vorallem beginnt die Arbeit damit, dass er für sich erkennen muss, dass er Hilfe braucht. Aber jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt und mit Geduld und immer wiederkehrenden Gesprächen zum Thema "Hilfe annehmen" kannst Du ihn sicher unterstützen. Allerdings würde ich nicht damit rechnen, dass er Dir dafür freudestrahlend dankt...wahrscheinlich wirst Du auf Granit beissen. Nicht aufgeben.
 

Hextina

KrisenmanagerIn ;-)
Teammitglied
Original von Smiley
Trotzdem VERGÖTTERT er seine Eltern, vor allem seinen Vater.

Wie andere schon schrieben, die psychischen Überlebensmechanismen von misshandelten Kindern können arge Wege gehen.
Da ist der 'Ich liebe meine Eltern trotzallem und gerade deswegen abgöttisch, irgendwann werden sie es merken und alles wird endlich gut' noch mit der nachvollziehbarste der mir einfällt.

Warum lässt er nichts über seinen Vater kommen und eifert ihm nach?

Vermutlich, weil er sich dann selbst eingestehen müsste das er einem Phantom der Elternliebe hinterherläuft. Das wird er ohne professionelle Hilfe vermutlich kaum schaffen.

Das Prob ist das er für sich Hilfe suchen muss. Wenn er das für dich tut ist keinem geholfen.

Vllt hilft es, wenn du mit ihm über deine Probleme mit seinem Verhalten redest. Ihm deine Sorgen und Ängste vorwurfsfrei aber ansonsten in voller Bandbreite erzählst.

Wird er sich seinen Kindern gegenüber später genauso verhalten wie sein Vater es ihm gegenüber getan hat?

Das wird dir niemand beantworten können, aber wenn es deine Angst ist, dann musst du darüber mit ihm reden. Auch das kann augenöffnend wirken.

Leider reagiert er sehr ungehalten, wenn man ihn auf seine Eltern anspricht und blockiert sofort.

Ein Grund mehr mit ihm über dich und deine Sorgen zu reden.

Will oder kann er nicht erwachsen und reifer werden?

Auch das kann ich dir nicht ansatzweise beantworten, ich vermute nur das sein erlerntes Verhalten ihm sein psychisches Überleben ermöglicht, das heißt selbst wenn er wollen würde wäre es ein langer und dorniger Weg....

LG,

Tina
 
M

mamavonzweien

Guest
Hallo,

also ich hatte auch leider so eine ätzende Kindheit und habe auch sehr sehr lange um die Liebe meiner Eltern(Mama+Stiefvater)gekämpft, aber ich habe es zum Glück, als ich meine 1.Tochter hatte gemerkt und mich völlig von ihnen abgekapselt, aber leider erst, nachdem sie mich wieder arg verletzt hatten.
Vielleicht passiert es nach einer großen Enttäuschung auch bei deinem Mann, das er dann einsieht, daß es keinen Sinn macht.

Und ich hatte auch nie tiefe Freundschaften, war auch immer sehr sehr oberflächlig, aber ich hatte auch nie eine lange Beziehung, also das zeichnet ihn ja schon wieder aus. Bei mir hat eigentlich immer nur der Sex eine Rolle gespielt und Gefühle konnte ich nie zulassen, erst als ich schwanger wurde.
Ich hatte wohl immer Angst vor noch mehr Enttäuschung und Gefühle konnte ich sowieso nie zeigen, da man es ja auch nie gelernt hat.

Und ob er zu seinen Kindern auch so ist???Also ich habe mich schon oft vor mir selber erschreckt, denn oft kam in mir meine Mutter hoch, aber ich habe es zum Glück immer schnell bemerkt und konnte es abstellen

Ich hoffe einfach für ihn/euch, daß er es bald merkt und sich dann abkapseln kann

Alles alles liebe und schön das du trotzdem zu ihm stehst
 

Katy70

Namhaftes Mitglied
Meine Mutter hatte eine sehr lieblose Kindheit. Sie ist nicht mißhandelt worden, aber es war nicht einfach. Sie hat immer wieder versucht, von Ihren Eltern LIebe zu bekommen, ist ihnen quasie hintergergerannt, wie ein Hündchen - und doch wieder enttäuscht worden.
Als sie fast 60 war, ist ihr Hund gestorben. Sie ist zusammengebrochen und alles ist hochgekommen, ihre ganze Kindheit. Inzwischen ist sie in therpeutischer Behandlung und hat den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen.

Es ist also anscheinend normal, daß man denen "hinterherrennt", von denen man hofft, LIebe zu bekommen.... Ich denke auch, ohne Therapie wird er da nicht rauskommen, aber ohne Einsicht keine Therapie. SChwierig für Dich.

Ich wünsche Dir viel Kraft... :troest
 

gitti

Mitglied
Den Kontakt abbrechen würde ich persönlich nicht so gut finden.
Auch wenn es für Deinen Mann in der jetzigen Situation Quälkram ist.
Ich habe auch mein halbes Leben nach Anerkennuing von meinem Vater gehechelt,ist leider nie so richtig was geworden.
Nun ist mein Vater schon 10 Monate tot,ganz schlimm an Krebs gestorben...
Und ich kann sagen,daß es jetzt auch nicht besser ist,doch hätte ich den Kontakt abgebrochen,ich glaube,ich hätte mir für die verlorene Zeit nie verziehen.
Ich habe ihn geliebt und das tut Dein Mann 100-prozentig auch.
Laß ihn alleine entscheiden,ob Therapie odernicht.
Ich hoffe,das klingt jetzt alles nicht zu schlau von mir,aber später ist irgendwann mal zu spät.
 

Smiley

Mitglied
Hallo

Ich habe ihm schon oft eine Therapie vorgeschlagen. Er meint dann, es wäre doch alles okay, er hätte keine Probleme.
Ich weiß nicht, ob ich so weiter leben kann mit ihm.
Ich kann doch nicht alles Fehlverhalten von ihm auf seine Kindheit schieben und immer Entschuldigungen für ihn finden... Ich leide auch!
Natürlich bleiben seine Eltern immer seine Eltern und das soll auch so sein. Niemals würde ich von ihm verlangen den Kontakt abzubrechen. Doch mache ich mir große Sorgen um meine/seine/unsere Zukunft.

:traene
 

Hextina

KrisenmanagerIn ;-)
Teammitglied
RE: Hallo

Original von Smiley
Er meint dann, es wäre doch alles okay, er hätte keine Probleme.

Stimmt ja auch, er hat wirklich kein Problem damit. Er hat sich mit seiner Vergangenheit in der Gegenwart so arrangiert das er kein Probem hat. Die würden kommen wenn er sich seiner Vergangehit stellt und diese aufarbeitet.
Solange er das nicht als Problem für sich wahrnimmt, also keinen Leidensdruck entwickelt, solange wird ihm keine Therapie der Welt etwas nutzen, selbst wenn er hingehen würde.

Ich weiß nicht, ob ich so weiter leben kann mit ihm.

Genau, momentan hast du das Problem :-/.
Dir geht es schlecht mit seinem Verhalten. Sieht er das? hast du darüber mal mit ihm gesprochen?

Er muss dein Leid , deine Ängste und deine Probleme ganz klar sehen können.

Ich kann doch nicht alles Fehlverhalten von ihm auf seine Kindheit schieben und immer Entschuldigungen für ihn finden...

Ganz im Gegenteil, du musst auf dich aufpassen und du solltest deine Grenzen ganz klar machen.

Doch mache ich mir große Sorgen um meine/seine/unsere Zukunft.

Rede mit ihm über deine(!) Problem, Ängste und Sorgen. Ihr müsst gemeinsam einen Weg finden, damit umzugehen der für beide lebbar ist.

LG,

Tina
 

Smiley

Mitglied
Schwierig

Ich spreche schon mit ihm über meine Sorgen und Ängste. Ich glaube, dass ihn das aber total unter Druck setzt. Sobald das Wort "Vater" in unserem Gespräch vorkommt, blockiert er sofort.
Er sagt mir auch, dass er mich/unsere Beziehung nicht verlieren möchte und dass er mich liebt. Leider haben diese Worte mit der Zeit an Gewicht verloren, denn er hat mich so oft enttäuscht.
Ich brauche doch für die Zukunft und Familienplanung einen Mann an meiner Seite, der zu mir steht, auf den ich mich verlassen kann und der für mich da ist.
Oder übertreibe ich? Habe ich zu viele Ansprüche?
 

Hextina

KrisenmanagerIn ;-)
Teammitglied
RE: Schwierig

Rehi,

ich sagte nicht das es leicht wird ;-)

Original von Smiley
Ich spreche schon mit ihm über meine Sorgen und Ängste. Ich glaube, dass ihn das aber total unter Druck setzt. Sobald das Wort "Vater" in unserem Gespräch vorkommt, blockiert er sofort.

Das muss er aber aushalten, er muss aushalten das du deine Sorgen mit ihm teilst.
Natürlich hat er Angst, aber du hast nur diese eine Seite um ihn zuerreiche, deine Ängste. Irgendwann wird er sich entscheiden müssen sowie du klingst. Vllt reicht ihm dann der Druck aus sich heraus das er sich seiner Vergangenheit stellt.

Leider haben diese Worte mit der Zeit an Gewicht verloren, denn er hat mich so oft enttäuscht.

Hört sich an als ob da schon ganz viel Vertrauen zersprochen ist.

LG,

Tina
 
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