Stehlen: Bruder stiftet Schwester zum Stehlen an

feivelmaus

Aktives Mitglied
Hallo,

gestern bekamen wir einen Anruf einer Mutter aus der Klasse meiner kleinen Tochter (8 Jahre, 1.Klasse) die uns erzählte, ihr Sohn hätte 5 EUR von meiner Tochter geschenkt bekommen und sie würde auch andere Sachen verschenken. Auch bei meiner EX-Frau tauchten am Besuchswochenende bei ihr 10 EUR auf, deren Herkunft wir uns nicht erklären könnten. Sie sammeln leidenschaftlich Ü-Eier und nachdem wir hier ein größeres Depot an Figuren aus Ü-Eiern im Wert von locker 15 EUR fanden schöpften wir Verdacht. Nur fehlte nirgends Geld und so sprachen wir unserer kleine Tochter an, woher sie soviel Geld hat. Sie meinte erst, es wäre gefunden, gab aber dann unter Tränen zu, es gestohlen zu haben. Sie hatte es im Turnverein anderen Kindern, die sie angeblich ärgerten, in der Umkleide gestohlen. Das über mehrere Wochen. Hier machen wir uns natürlich Vorwürfe, dass wir es nicht früher gemerkt hatten. Nach dem ersten Stehlen teilte sie es mit meinem Sohn (12 Jahre, 5. Klasse). Sie wollte dann nicht mehr stehlen und mein Sohn zwang sie dann aber, es wieder zu tun, weil sie das Geld ja für Ü-Eier bräuchten. So stahl sie über Wochen ca. 30-40 EUR in der Umkleide.

Ich weiß nicht so Recht wie wir damit umgehen sollen. Wir haben mir allen beiden lange geredet und sie zeigen beide erst einmal Einsicht.

Aber mein Sohn hatte mir schon einige Mal Geld aus der Geldbörse gestohlen und vor 4 Jahren einen Ladendiebstahl gemacht. Damals musste er die Kaugummis zurückbringen, was ihm zum Glück megapeinlich war und es wirkte. Meine Kinder sind Scheidungs- und Trennungskind. Bei der Scheidung war meine Tochter 1 Jahr, dann lebte sie bei meiner EX und kam nach Misshandlung durch deren Freund zu mir und meiner damaligen Freundin, die uns als meine Tochter 3 1/2 war auch verließ. Danach stahl meine kleine oft im Kindergarten und es kam mir so vor, als wolle sie erwischt werden, um Aufmerksamkeit zu bekommen: Geld, Süssigkeiten, nichts war vor ihr sicher.

Deswegen zweifle ich, ob die Einsicht wirklich von Dauer sein wird.

Nur die schlimmste Sache ist, wenn wir das jetzt der Turnlehrerin im Verein erzählen, wird sie das ja auch den betroffenen Kindern und deren Eltern erzählen und die "Neuigkeit" wird sich wie ein Lauffeuer in der ganzen Stadt ausbreiten. Derzeit ist völlig unklar, wem was und wieviel gestohlen wurde. Wenn künftig irgendwo was fehlt, wird dann immer sie in Verdacht geraten. Bei einem Ladendiebstahl wäre die Sache „einfach“ mit dem zurückbringen, aber hier weiß ich nicht, ob die Konsequenzen für die Kinder und Verdächtigungen denen sie dann ausgesetzt sind nicht mehr Schaden anrichten würden als Nutzen nach dem Motto „Ist der Ruf erst ruiniert“.
Ich möchte nicht, dass sie hier in der Stadt an den Pranger gestellt werden, andererseits wäre das sicher eine gute Lehre, wenn sie mal ein paar Monate von allen misstrauisch angeschaut werden, in Schule und Vereinen oder auf der Strasse. Vielleicht sind sie dann auch aber auch auf längere Sicht als Diebe abgestempelt.

Mein Rechtsbewusstsein sagt mir auch, es zu sagen und aufzuklären, auch wenn bisher wohl noch nichts vermisst wurde. Andererseits möchte ich nicht den Ruf meiner Kinder zerstören, denn das würde sie sicher hart treffen und bleibenden Schaden anrichten. Besonders sauer bin ich aber auf meinen Sohn, denn das er seine kleine Schwester zum stehlen anstiftet ist für mich fast schon unverzeilich. Allerdings ist er für seine 12 Jahre etwas zurückgeblieben, weswegen er lange Ergo- und Sprachtherapie hatte und ich mich auch manchmal frage, ob bei ihm Einsicht gar nicht möglich ist.

Ansonsten sind sie wirklich liebe Kinder, die sich in der Schule Mühe geben, kaum Fernsehen u.s.w.

Bestraft wurden beide sofort: 3 Wochen Fernsehverbot, Süssigkeitenverbot (weil die ja der Grund zum Stehlen waren), Taschengeld bekommen sie nicht mehr und Erspartes habe ich erst Mal eingesammelt und wird alles auf Seite gelegt um evtl. Forderungen die noch kommen zu bezahlen. Und da mein Sohn als Anstifter die größere Schuld trifft, bekommt er 3 Wochen den Computer gestrichen.

Vielleicht hat jemand etwas ähnliches schon einmal erlebt und kann Tips geben, speziell wie und ob eine Wiedergutmachung möglich ist, ohne das die Kinder großen Schaden nehmen, aber endlich die Einsicht bekommen, dass man nicht stehlen darf.

LG
Micha
 

schnuppe

Aktives Mitglied
Herrschaftszeiten, was den lieben Kleinen so alles einfällt :shake

So richtig hab ich da auch keine Lösung parat. Vielleicht mal ein Gespräch mit einem Schulpsychologen? Der steht wenigstens unter Schweigepflicht. Und ist meist kurzfristig erreichbar.

Wünsche Dir, daß Dir was Brauchbares einfällt :druecker.

LG, Schnuppe
 

feivelmaus

Aktives Mitglied
Hallo

tja, das Gespräch haben wir schon. Ihre Lehrerin hatte da so diverse Probleme im Unterricht mit Stören und da es in der vorhergehenden Klasse keine Probleme gab (Vorklasse und anderer Lehrer, der sehr erfahren ist), haben wir sie gebeten, doch einfach mal einen Schulpsychologen den Unterricht beobachten zu lassen.

Deswegen haben wir in Kürze da einen Termin, aber da geht es um die Schule, nicht um private Probleme. Mal sehen, ob ich das da anspreche.

Mir war es aber wichtig, die Meinung von ELTERN zu lesen, da nicht unbedingt alles so ok ist, was die Psychos einem raten.

Gruß
Micha
 
I

IlkaM.

Guest
Hallo Micha,

mache Dir erstmal klar, dass unsere Gesetzbücher nicht umsonst die Strafmündigkeit ab 14 eingeführt haben und dass daran hoffentlich auch festgehalten wird!

Deine Kinder haben geklaut bzw. zum Klauen angestiftet. Das heißt für Dich, mit ihnen übers Stehlen zu sprechen und die Sache dann zu vergessen und Dich darauf zu konzentrieren, was für Deine Kinder wichtig ist zur Zeit.

Anstatt sie zu strafen und mir Sorgen über ihren gesellschaftlichen Ruf zu machen, hätte ich sicherlich zuallererst und einzig überlegt, wie die jungen Herrschaften das Geld, das sie geklaut haben, wieder zurückgeben können. Also: Wissen sie noch genau, WEM sie es geklaut haben - das wäre leicht, dann geht das nämlich genauso wie mit dem Zurückbringen ins Geschäft.

Wissen sie es nicht mehr - dann sollen sie sich mal überlegen, wem sie das Geld ansonsten zukommen lassen können (einer Hilfsorganisation z.B. ... und damit ist nicht die "Hilf-ich-kann-mir-keine-Ü-Eier-leisten"-Organisation gemeint). SIE sollen sich das überlegen - nicht ich!

Ich finde es wichtig, Kindern gerade in solchen Situationen beizustehen und sie nicht auch als Eltern noch spüren zu lassen, dass sie etwas "minderwertiges" getan haben und damit ein Stückweit auch minderwertig sind.

Du sagst ja selber, dass sie ansonsten ganz nette Kinder sind: dann sag ihnen das auch so! In der Form "Mensch! Was ist denn da bloß in euch gefahren? Wie können wir DEN Schlamassel denn wieder hinbekommen?"

Deine Tochter ist noch nicht in einem Alter, in dem sie - wenn sie vor die Entscheidung gestellt wird - sich automatisch für die Seite entscheidet, die moralisch höher zu bewerten ist. Also hier: auf der einen Seite "Ich klaue Geld, um mir Überraschungseier kaufen zu können (und um, wenn ich das richtig verfolge, mir Zuneigung von anderen kaufen zu können)", auf der anderen Seite "Ich klaue nicht, weil es nicht richtig ist".

Dein Sohn steckt mitten in seinen Pubertätsvorbereitungen. Lügen und tun, was Erwachsene hassen, gehört für ihn zum guten Ton. Er wird das auch überwinden.

Es ist möglich, dass Du Dich aufgrund der bewegten Vergangenheit darauf verlassen musst, dass Deine Kinder sich mehr aus sich selber heraus zu moralischen Menschen entwickeln müssen. Ihnen wird ein Stückweit der uneingeschränkte Glaube an und das Vertrauen in die Eltern fehlen. Dafür kann niemand was, das hat sich so ergeben aus den Beziehungskonstellationen.

Aber pass auf, dass Du sie JETZT nicht hängenlässt und ihnen keine blöden Gefühle gibst was Deine Loyalität betrifft. Pass auf, dass Deine Kinder die Zeit der Bestrafung nicht dafür "nutzen", sich in Selbstmitleid reinzugrübeln und eine innere Grenze zu Diraufzubauen. Denn DANN kann das Ganze schon noch schief gehen.
 
I

IlkaM.

Guest
Wenn ich so übers Thema "Stehlen" nachdenke, dann ist das eh so eine ambivalente Sache.

Es gibt ja in zahlreichen Erzählungen durchaus das Motiv des "guten Diebes" - denkt nur mal an Robin Hood oder an so Filme, wo eine Bande alter Leute einen Banküberfall ausheckt, um sich noch einen letzten großen Wunsch erfüllen zu können.

In all diesen Fällen würde wohl auch ein Erwachsener sagen "Jaaaa ... hmm ... ist ja IN DIESEM FALL eigentlich nicht so schlimm".

Und wie sieht's denn bei Kindern aus bis zu einem gewissen Alter? Man kommt ja nunmal nicht mit einem ausgeprägten Moralbewusstsein auf die Welt - das muss sich erst entwickeln. Und es entwickelt sich durch Erfahrungen, Vorbilder und ein zunehmendes Vermögen, sich in andere reinzuversetzen.

Bis dahin ist das Argument "Ich stehle für MICH" für ein Kind aber erstmal kein verwerfliches.
 

feivelmaus

Aktives Mitglied
Hallo,

ich hatte jetzt ein Gespräch mit dem Kinderpsychologen. Er meint, wir MÜSSEN mit dem Übungsleiter reden und dürfen daraus kein Familiengeheimnis machen.

Fakt ist:
Da die "Täterin" meine kleine Tochter war, kann sie sich nicht daran erinnern, wieviel sie wem geklaut hat. Sie hat auch ein sehr schlechtes Namensgedächnis und kennt - angeblich - die Namen der Beklauten nicht mehr alle. Das mit dem Namensgedächnis stimmt aber, denn sie merkt sich Namen nur sehr schlecht, selbst von Freunden aus der Familie, die öfter zu Besuch sind.

Die Konsequenzen, die ich befürchte:
Ausschluss aus dem Turnverein, da es so in der Satzung steht (Wer klaut, wird ausgeschlossen).
Meine große Tochter ist ebenfalls im Verein und da sie das schon mitgekriegt hat, befürchtet sie als Schwester der "Diebin" abgestempelt zu werden und wenn bei ihr in der Gruppe was fehlt, dass sie dann in Verdacht gerät.
Wenn der Übungsleiter mit den Eltern bzw. Kindern spricht, ob was geklaut wurde, wird meine Tochter für alles gerade stehen müssen was fehlt.
Falls sie im Verein bleibt: In Kürze ist dort ein mehrtägiger Ausflug, wo sie auch eingeplant ist: Wenn sie da mitfährt und was wegkommt, ist sie die erste, die in Verdacht gerät.
Und das Thema auch in der Schule bekannt wird, wird es darauf hinauslaufen, dass alle mit dem Finger auf sie zeigen und als Diebin abstempeln.

Auf der einen Seite wäre es vielleicht heilsam für sie, aber weil sie eh schon psychische Probleme hat, würde das ihr vielleicht auch erheblichen Schaden zufügen und sie wäre überhaupt nicht mehr bindungsfähig und sozial integrierbar.

Unsere Rekationen bisher:
Wir haben mit beiden geredet. Mein Sohn sieht den Fehler ein, seine Schwester noch motiviert zu haben: Er hat bitterlich geweint, was er sonst selten tut, wenn er Kritik bekommt. Meistens ist er dann eher bockig.

Meine Tochter allerdings hat NULL Einsicht. Das Problem ist halt, sie hat nichts, an dem sie hängt. Kein Stofftier, gar nichts. Wenn ihr was fehlen würde, wäre es ihr egal. So geht sie auch mit ihrem Eigentum um. Vieles wird bereitwillig verschenkt.

Nun mache ich mir Vorwürfe: Wir hatten, als sie 4 war und im KiGa Probleme hatte, einen Kinderpsychologen aufgesucht. Der schrieb ein Gutachten für die Integration im Kindergarten. Lt. Kindergarten hieß es, meine Tochter hätte ADHS und der Psychologe meinte, das wäre noch gar nicht festellbar und nicht der Fall. Danach hab ich eine Institutsambulanz aufgesucht, um eine 2. Meinung einzuholen. Die stellten eine Bindungsstörung fest und empfahlen eine längere stationäre Therapie. Da waren wir aber dagegen, denn damals war ich der Ansicht, dass eine stat. Therapie erst Recht schadet bei einem Kind, dass Angst davor hat, von Vertrauenspersonen verlassen zu werden. So wandte ich mich wieder dem ersten Psychologen zu. Dort ist sie jetzt in einer Spielgruppe, wo sie zusammen mit einem anderen Kind ist und soziale Bindungen trainiert werden.

Vielleicht wäre die stat. Therapie doch das Richtige gewesen?

Ihr jetziger Psychologe schließt ADHS nun nicht mehr aus: Wir haben einen Fragebogen bekommen und mussten feststellen, dass wir dort fast alles bejahen müssen. Nun soll noch ein Test gemacht werden und sie wird dann Medikamente bekommen, die wahrscheinlich auch helfen. Nur ob es die Lösung ist, weiß eigentlich keiner und jeder Psychologe und jede Beratungsstelle die wir bisher aufgesucht haben, erzählen uns etwas anderes.

Ich bin eigentlich gegen Medikamente, aber sie ist im Moment so schwierig, trotz aller Bemühungen, egal wieviel Zuneigung man ihr zukommen lässt, wie aufmerksam man ist, wieviel Zeit man sich nimmt...und es gibt noch 2 Kinder, die ebenfalls Zuwendung brauchen und man kann sich nicht vierteilen. Gerade deswegen habe ich ja lange zu Hause gearbeitet und anstatt beruflicher Karriere mir einen ruhigen Job gesucht, wo ich Nachmittags früh zu Hause sein kann. Meine Partnerin arbeitet derzeit nicht kümmert sich tagsüber.

Es bleibt letztendlich nur die Hoffnung, dass sich vieles vielleicht auf lange Sicht "auswächst", wenn die stabilen Verhältnisse bestehen bleiben.

Viele Grüße
Michael
 
I

IlkaM.

Guest
Ich glaube, Ihr macht Euch zu viele Gedanken um die sozialen Folgen. Ich kann mir das nicht vorstellen, dass Deine Tochter "abgestempelt" wird. Nicht, wenn Ihr wirklich offen auf den Verein zugeht. Oder glaubst Du, Eure Tochter wäre die erste, die was geklaut hat?

Meine Güte - sie hat was Blödes gemacht! Sie ist ein KIND! Und das wissen glaub ich noch mehr Leute als ich.
 

feivelmaus

Aktives Mitglied
Hallo

na, denn werden wir wohl den Weg gehen und hoffen, dass es nicht ganz so schlimm kommt.

Das Geld können sich nicht mehr zurückgeben...das ist größtenteils Weg. Nur die verschenkten Euros an die Mitschüler kommen ja wieder.

Die Strafen, die sie bekommen haben, werden sie - wenn auch hier wohl nicht wirksam - trotzdem "absitzen" müssen. Wenn ich die jetzt wieder aufhebe, weil ich einen anderen Weg für besser empfinde, lachen die mich aus. D.h. konsequent sein, auch wenn sich die innere Haltung verändert hat. So 2 Wochen keine Süssigkeiten, Fernseher und Computer schaden auch nicht unbedingt...bei den Süssigkeiten habe ich tlw. das Gefühl, dass sie trotz geringem Konsum, richtige Entzugserscheinungen bekommen :gap

Viele Grüße
Michael
 
Oben