Hallo,
@Hextina: Ich muss Dich leider ein bisschen korrigieren. Zwar sagt § 42 SGB VIII aus, dass ein Jugendlicher auf seinen Antrag in Obhut genommen werden muss, allerdings legt Absatz 3 auch fest, dass der oder Erziehungsberechtigte die Möglichkeit des Widerspruchs hat; der Minderjährige ist dann an den Erziehungsberechtigten auszuhändigen, wenn nichts dagegen spricht. Die Bewertung dessen obliegt nach dem Gesetz dem Jugendamt selbst, wobei diese Bewertungsfreiheit eingeschränkt ist, wenn zum Beispiel Anzeigen vorliegen.
Ich muss leider sagen, dass ich mich zunehmend frage, in welchem Land sich diese Geschichte abgespielt haben soll: Viele der Aussagen und Ereignisse, die hier beschrieben werden, können sich weder in Deutschland noch einem anderen deutschsprachigen Land so ereignet haben. Ich schreibe das nicht, weil ich glaube, dass BabyLeon09 die Sache erfunden hat, sondern weil ich die mittlerweile ganz massive Vermutung habe, dass es auf Seiten der Mutter des Mädchens tatsächlich ein Wahrnehmungsproblem gibt, und die Dinge bei der Posterin ganz einfach in grausam entstellter und objektiv unrichtiger Form ankommen.
Ganz zuvorderst fällt die Sache mit der häuslichen Gewalt auf: Das ist kein neues Problem, sondern dauert bereits seit mindestens zehn Jahren an - mit fünf Jahren soll das Mädchen deshalb einen Suizidversuch unternommen haben. Mal abgesehen davon, dass es bis heute keinen einzigen nachgewiesenen Suizid oder Suizidversuch eines Kindes unter dem Alter von acht Jahren auf der Welt gegeben hat (wenn Kinder unter diesem Alter mit Selbstmord drohen, dann ist das ein Durchsetzungsversuch und / oder eine Nachahmung von etwas, dass sie irgendwo aufgeschnappt haben, weil sich ein Sinn für den Tod, von dem ein Todeswunsch immer abhängt, erst mit ungefähr sieben oder acht Jahren ausbildet): Im Laufe eines solch langen Zeitraumes, in dem Menschen Gewalt ausgesetzt sind, fällt diese Gewalt zwangsläufig jemandem auf, und selbst wenn dann ein oder mehrere Rädchen des Systems versagen, würde ein anderes Rädchen dies irgendwann auffangen, und das vor allem dann, wenn diese Gewalt bereits mehrmals dokumentiert worden und Anzeige erstattet worden ist.
Denn es gibt nicht nur Ämter und Behörden, sondern auch Organisationen, die Gehör schenken, und Hilfe verschaffen.
Nun könnte man durchaus sagen, dass es passieren kann, auch in Deutschland, dass das System komplett versagt, und in der Tat sind mehr oder weniger regelmäßig die Medien voll mit Lehrerinnen, die von Schülern erstochen worden sind, obwohl sie Hilfe gesucht haben, und Kindern, die trotz Einschaltung des Jugendamtes von ihren Eltern zu Tode gefoltert worden sind. Es gibt Täter, die es schaffen, das System zu manipulieren.
Aber in diesem Thread, würde man die Aussagen für bare Münze nehmen, wird keine Manipulation des Systems durch den Vater, sondern eine ganze Reihe von Rechtsverletzungen durch staatliche Organe bis hin zu einer fehlerhaften Rechtsauskunft eines Anwalts beschrieben - ist es möglich, dass von der Polizei, über die Staatsanwaltschaft, und das Jugendamt, und einen Anwalt, bis hin zum Gericht das Recht zu Gunsten eines prügelnden Familienvaters umschreiben, und das dauerhaft?
Nein.
Denn Sachbearbeiter ändern sich, und ein einziges Ausscheren, das über den Zeitraum von zehn Jahren garantiert wäre, würde die Verschwörung zusammen brechen lassen. Und wenn dem nicht so wäre, dann sollte man meinen, dass Menschen, die extrem leiden, im Laufe der Jahre den Gang in höhere Instanzen wählen.
Da ist zum Beispiel die Polizei, die das Mädchen gegen seinen Willen zum Vater zurück bringt. Das kann sie gar nicht, weil sie dafür einen Gerichtsbeschluss braucht, so lange keine Gefahr im Verzuge ist. Hängt ein Ausreißer nachts am Hauptbahnhof rum, liegt diese Gefahr vor. Befindet sich ein Kind bei der Mutter, besteht sie in der Regel nicht. Die Polizei kann den Jugendlichen nur darum bitten, freiwillig mitzukommen.
Ich vermute, dass da einiges anders gelaufen ist, als es berichtet wurde, denn die Kleine ist ja nun doch noch bei der Mutter, wogegen der Vater nichts tun kann, wenn gegen ihn Anzeigen laufen.
Die Polizei kann keine Anzeigen verweigern, oder Ermittlungen einstellen. Anzeigen müssen aufgenommen und an die Staatsanwaltschaft weiter geleitet werden; Ermittlungen kann nur die Staatsanwaltschaft einstellen, was Wochen oder Monate dauern kann.
Es ist dann so, dass dem Kind oder Jugendlichen, das oder der die Anzeige erstattet hat, nicht zugemutet werden kann, beim mutmaßlichen Täter zu leben. Das Jugendamt hat dann keine andere Wahl mehr, als den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.
Zumal da die Sache mit der Recht auf Gehör des Jugendlichen ist: In Trennungsangelegenheiten haben Kinder und Jugendliche ab einem gewissen Alter das Recht, mitzubestimmen, bei welchem Elternteil sie leben wollen. BabyLeon09 schreibt, dass die Mutter seit vier Jahren um das Sorgerecht kämpft, und der Vater die häusliche Gewalt vor Gericht angeblich zugegeben hat. Ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum sich der Familienrichter darüber, und über den Kindeswunsch hinweg gesetzt hat.
Und damit zum Anwalt: Nein, der Vater darf seine Tochter nicht so ohne weiteres einweisen lassen. Denn auch bei Minderjährigen gelten die Bestimmungen der Landespsychiatriegesetze sowie des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Eine Einweisung in die Psychiatrie ist nicht mit einer Einweisung in ein Krankenhaus vergleichbar. Sie stellt einen massiven Eingriff in eine ganze Reihe von persönlichen Freiheiten, und auch welchen, die vom Grundgesetz garantiert werden, für einen oft unbestimmten Zeitraum dar.
Deshalb ist die Zwangseinweisung eines Erwachsenen IMMER ein Verwaltungsakt, für die ein detailliertes ärztliches Zeugnis, in Nordrhein-Westfalen ausgestellt von einem in der Psychiatrie erfahrenen Arzt, notwendig, in dem zwingend die Eigen- und / oder Fremdgefährdung des Patienten festgestellt werden muss, auf dessen Grundlage dann ein Gerichtsbeschluss beim Vormundschaftsgericht erwirkt werden muss. Ist dies nicht vor der Einweisung möglich, muss dies spätestens 24 Stunden danach nachgeholt worden sein. Außerdem ist in der Psychiatrie das Zeugnis des empfehlenden Arztes überprüft werden.
Auch bei Minderjährigen darf der Erziehungsberechtigte nicht einfach entscheiden, dass das Kind in der Psychiatrie (oder einem Heim, oder einem Erziehungslager) untergebracht werden soll, denn hier greifen die Bestimmungen des Paragraphen 1631 b: Für eine mit Freiheitsentzug verbundene Unterbringung von Minderjährigen ist ein Beschluss des Familiengerichts notwendig, für den auch wieder Eigen- und /oder Fremdgefährdung vorliegen muss. Im Prinzip gibt dieser Paragraph also die Bestimmung der Psychiatriegesetze in andere Form wieder - bis auf dies: Vor der Einweisung müssen zudem alle anderen Hilfen ausgeschöpft worden sein.
Es liegt auch in der Natur der Sache solcher Einweisungen, dass sie eine kurzfristige Sache sind - wird damit zugewartet, kann von einer akuten Selbst- und / oder Fremdgefährdung keine Rede mehr sein; die Grundlage für eine solche Einweisung ist dann entzogen: Denn es reicht nicht aus, zu glauben, dass dieser Jugendlicher sich selbst oder anderen irgendwann einmal etwas antun könnte; es muss die reale Gefahr bestehen, dass ein solcher Akt kurz bevorsteht, und nicht auf andere Art abwendbar ist.
Ein vernünftiges Gutachten kann zudem auch von einem niedergelassenen Psychiater oder Psychologen erstellt werden. Die Aussage, sie sei dann wenigstens aus der Schusslinie, kann ich nicht verstehen - das Mädchen ist ja jetzt bei der Mutter.
Viele Grüße,
Ariel