Original von Dr. Dolittle
Wenn neutraler Beobachtungen in größerer Zahl systematisch ausgewertet werden, kann man verallgemeinernde Schlußfolgerungen ziehen. Sowas nennt man wissenschaftliches Arbeiten.
Sorry, da muss ich als Wissenschaftler aber den Kopf schütteln. So viel Verallgemeinerung hat mit wissenschaftlichem Arbeiten wenig zu tun. Zum Einen sind sehr, sehr viele Studien mit einem ganz bestimmten Zweck verbunden; sie wollen etwas beweisen oder widerlegen. Ob da wirklich "neutrale Beobachter" am Werk sind, kann man oft gar nicht wissen. Es lässt sich schon vorterfflich über die Datengrundlagen streiten, geschweige denn über die Ergebnisse. Bei den Unmengen an Studien zu frühkindlicher Bildung und zur Kinderbetreuung in den ersten 3 Jahren ist es nicht verwunderlich, dass es zu so unterschiedlichen Aussagen kommt. Alleine schon die Wahl des Beobachtungsortes, der Rahmenbedingungen und der ganz individuellen "Voraussetzungen", die die Kinder mitbringen etc. pp. ... all das hat Einfluss auf das Ergebnis. Ein nicht ganz seriöses Beispiel, aber dennoch: Wer kann schon sagen, ob nicht die Ermittlung der Stresshormone selbst dem Kind gerade Stress bereitet?
Am meisten ärgert mich bei diesen Diskussionen allerdings, dass man vielfach eben "verallgemeinernde Schlussoflgerungen" ziehen will. WARUM? Menschen sind verschieden, Kinder sind verschieden, die Lebensentwürfe sind verschieden, die Erfahrungen sind verschieden, die Bedingungen sind verschieden... es gibt keine 2 Fälle, die identisch sind. Warum muss man überhaupt einer Familie vorschreiben, wie sie zu leben haben, ob sie ihr Kind in eine Einrichtung geben und arbeiten gehen oder lieber zu Hause bleiben?
Ich habe mein Kind mit 7 Monaten betreuen lassen, weil ich arbeiten gehen WOLLTE - wenn auch anfangs "nur" studenweise (ich habe meinen Sohn 1 Jahr gestillt). Ich liebe mein Kind, wir haben ein tolles, harmonisches Familienleben, verbringen viel Zeit miteinander und mein Sohn ist ein liebenswerter, aufgeweckter, extrem sozial eingestellter Junge. Ich liebe auch meine Arbeit, meine beruflichen Herausforderungen... Kurzum, eigentlich habe ich ein tolles Leben und bin sehr zurfrieden. Und eine zufriedene Mutter (Vater natürlich ebenso ;-)) kann doch nicht schlecht für das Kindeswohl sein. Wenn diese innere Zufriedenheit entsteht, weil man 3 Jahre zu Hause bleibt... bitte schön - wenn diese daraus entsteht, dass man arbeitet... warum nicht...?
Und so unterstütze den Appell aus vollem Herzen. So wie ich den im Eingangstread verstehe, sagt dieser eigentlich nur aus, dass die Möglichkeiten geschaffen werden sollen, dass man zu Hause bleiben KANN, wenn man denn WILLL. Bin ich sofort dafür! Ich finde aber, es müssen genauso gut Möglichkeiten geschaffen werden, dass man als Eltern arbeiten gehen kann und trotzdem seiner Verantwortung als Eltern gerecht werden kann ohne sich zu verbiegen (Teilzeit, flexible Arbeitszeitmodelle, Sicherheit im Krankenfall, aber eben auch Betreuungsangebote).
Ich verstehe nicht, wieso immer wieder versucht wird, zwei "verfeindete Lager" zu bilden, anstatt Jedem seinen Lebensentwurf zu lassen und aufzuhören, dem jeweils anderen Vorwürfe und ein schlechtes Gewissen zu machen!