Vielleicht passt das jetzt alles nicht unbedingt hierher, aber ich habe trotzdem das Bedürfnis es mal los zu werden.
Ich selbst leide nicht unter dieser Krankheit, habe aber vier Personen in meinem Freundeskreis, die unter Depressionen leiden.
Mit einer Person bin ich sehr, sehr eng befreundet und diese Person nimmt die verordneten Medikamente schon seit vielen Monaten.
Eine andere Bekannte hatte bereits vor ca 14 Jahren Probleme, sie war manisch-depressiv, nahm eine gewisse Zeit Medikamente ( wie lange weiss ich nicht, zum damaligen Zeitpunkt kannte ich sie noch nicht ). Vor ca 1,5 Jahren hatte sie einen erneuten Rückfall und war viele Monate in stationärer Behandlung und anschließend in ambulanter Therapie - Medikamente musste sie auf jeden Fall weiternehmen.
Vor ca 2 Wochen hat sie diese Medikamente ohne Wissen ihres Arztes und auch ohne Wissen ihres Partners einfach abgesetzt. Für mich war es sehr erschreckend zu sehen, wie sie sich plötzlich veränderte. In diesen Tagen hatten wir gemeinsam Nachtschicht und waren nur zu zweit im Betrieb. Montags habe ich bereits gemerkt, dass sie sich anders verhält als sonst und am Dienstag schien sie eine völlig andere Person geworden zu sein. Sie hatte ein starkes Redebedürfnis, das war mir sehr schnell klar. Wir saßen sehr, sehr lange zusammen und ich habe mir ihre ganze Geschichte angehört - auch wenn ich zugeben muss, dass ich ihr oftmals gar nicht folgen konnte, sie schien mir zu reden wie eine Betrunkene - nicht lallend, aber völlig zusammenhanglos - , dennoch war sie bei klarem Verstand und hatte einen mehr als aufmerksamen Blick, den sie nicht mehr von mir nahm. Ich gebe zu, dass sich meine Gedanken abgewechselt haben ... ich hatte mal Angst UM sie und kurz darauf hatte ich Angst VOR ihr. Sie redete völlig zusammenhanglos, war plötzlich der Meinung, dass man ihr an der Arbeit Fallen gestellt hätte in die man sie bewusst reinlaufen lassen wollte usw ... und immer dieser Blick, vor dem ich wirklich Angst hatte.
Ich bin keine Psychologin und natürlich auch keine Therapeutin und daher konnte ich nicht einschätzen, wie viel Wahrheit oder besser ausgedrückt ... wieviele Fragen ich ihr stellen und zumuten konnte, ohne mit sehr negativen Reaktionen ihrerseits rechnen zu müssen. Ich habe mich nicht getraut, sie zu fragen, ob sie ihre Medikamente noch nimmt und erst recht habe ich mich nicht getraut ihr zu sagen, dass ich vermute, dass sie einen Rückfall hat und daher Hilfe braucht. In dieser Nacht ist sie einfach gegangen und ich musste die Firma ebenfalls verlassen, weil ich 1. nicht alleine dort bleiben darf und 2. natürlich auch Angst gehabt hätte, wenn ich mutterseelenallein in der Firma gesessen hätte. Später stellte sich raus, dass sie nichtmal zu Hause war, sondern die Nacht bei einem Freund verbracht hatte, der sie am nächsten Morgen wieder zur Firma gebracht hatte, damit sie vor Arbeitsbeginn der anderen Kollegen noch mit unserem Abteilungsleiter reden konnte. Sie teilte ihm mit, dass wir beide am Vortag nicht gearbeitet hätten, wir hätten nur dagesessen und gequatscht und wären dann schliesslich nach Hause gegangen. Am nächsten Tag wurde mir dann eröffnet, dass uns ein Eintrag in der Personalakte sicher gewesen wäre, wenn wir die Firma bei einer strafferen Auftragslage verlassen hätten - diesmal wollte man nochmal drüber hinwegsehen. Ich bin auf diesen Arbeitsplatz angewiesen und daher kann ich mir nicht erlauben, diese Stelle zu verlieren, daher bat ich darum, dass noch eine dritte Person zur Nachtschicht eingeteilt werden sollte. Und da ich diese Bitte auch begründen sollte, habe ich meinen Verdacht bezüglich des Rückfalls geäußert. Am darauffolgenden Abend saßen wir zu dritt vor Arbeitsbeginn im Pausenraum und meine Kollegin sah sich ständig um, als sei sie auf der Flucht und habe Angst entdeckt zu werden. Als wir gerade mal 15 Minuten unseren zugeteilten Arbeiten nachgingen, war sie wieder verschwunden, sie hatte erneut sang und klanglos die Firma verlassen, ohne jemanden zu informieren. An diesem Abend wäre ich wieder in dieser Situation gewesen und hätte ebenfalls wieder die Firma verlassen müssen - glücklicherweise waren wir ja zu dritt und ich konnte meiner Arbeit nachgehen.
Donnerstags, als sie einen Gesprächstermin mit meinem Abteilungsleiter vereinbart hatte, wurde ihr angeboten, dass sie sich ein paar Tage frei nehmen könne, wenn sie evtl. der Meinung wäre, es wäre ihr momentan alles ein wenig zuviel geworden. Sie lehnte ab mit der Begründung, dass sie sich in dieser Woche auf diese Nachtschicht eingestellt habe und sie somit auch am Abend erscheinen würde. - Sie ist nicht erschienen, denn Donnerstagabend wurde sie wieder stationär aufgenommen und befindet sich seither wieder in Behandlung.
Für mich war das eine sehr schlimme Erfahrung, denn erstens mag ich diese Person sehr und zweitens fühlte ich mich völlig machtlos. Mehr als ein Zuhörer konnte ich ihr nicht sein. Ich konnte ihr nicht helfen und bin auch noch in eine heikle Situation mit dem Arbeitgeber gerutscht. Anfangs plagte mich sehr das schlechte Gewissen, dass ich die Vermutung ihres Rückfalls bei meinem Abteilungsleiter geäußert hatte - ich häte ja auch falsch liegen können, dann bekam ich schlichtweg Angst, dass ich meinen Arbeitsplatz verlieren könnte und schliesslich und endlich hatte ich einfach nur Angst um sie und daher habe ich mich verpflichtet gefühlt, mit meinem Abteilungsleiter zu reden ( und natürlich auch mit ihrem Mann ! ). Durch das Gespräch mit ihrem Mann erfuhr ich dann auch, dass sie ihm erzählt hatte, dass ICH die Firma verlassen wollte, weil ICH mich mit meinem Freund treffen wollte in dieser Nacht. Sie hat es einfach auf mich geschoben und das hat mich ehrlich gesagt auch ein bisschen stinkig gemacht und ich musste mir alle Mühe geben, mir ins Gedächtnis zu rufen, dass es eigentlich nicht wirklich meine Bekannte war, doe sowas erzählt hat, sondern dass dies alles krankheitsbedingt ist.
Wie lange sie in Behandlung bleiben wird, ist noch nicht abzusehen. Fest steht jedenfalls, dass sie ihr ganzes Leben umkrempeln möchte - ob sie alles zum postiven verändern möchte, sei nun mal dahingestellt. Fest steht allerdings auch, dass die Ärzte sagen, dass sie in ein paar Tagen schonwieder völlig andere Äußerungen bezüglich der gewünschten Lebensänderungen, von sich geben könnte. Manch einer aus ihrem direkten Umfeld bezweifelt zZt, dass sie wirklich weiss, was gut und was schlecht ist, was richtig und was falsch ist.
.... Ich gehöre auch zu den Menschen, die sich nicht sicher sind, ob sie derzeit wirklich beurteilen kann, was für sie am besten ist - allerdings halte ich mich mit Kommentaren zurück und versuche es wirklich als Außenstehender zu sehen - was mir phasenweise sehr schwer fällt.
Danke fürs Lesen ;-)
LG
Trine