Hallo Melli,
ich möchte mal versuchen zu erklären, was Therapie für mich bedeutet, vielleicht hilft dir das was.
Ich werde zwischendurch, was von mir einflicken, dann wird es verständlicher.
Ich bin selbst Therapeutin, habe eine Gestalttherapieausbildung gemacht und da kann ich es am besten erklären.
Die Gestalttherapeuten gehen von einer Gesamtheit aus - Körper-Geist uns Seele, das nennt sich eine Gestalt.
Wenn diese Einheit gestört wird, kommt es an einen von diesen drei Teilen zu Störungen.
Nun konkret: Du hast als Kind und zwar als sehr kleines Kind starke seelische und körperliche Verletzungen erlebt. Ein Kind reagiert völlig anderst als ein Erwachsener, denn für dich galt damals als erstes Ziel: überleben! Du entwickelst bestimmte Verhaltensweisen, wie dich klein machen, möglichst wenig auffallen, usw. du wirst es selbst wissen.
Nun hast du auch ganz offensichtlich vieles verdrängt, was für dich lebensnotwendig war damals, nimm dir das nie übel.... das war ganz wichtig....
und hat dich gerettet.
Nun reagierst du heute in bestimmten Situationen für dich vielleicht unverständlich, vielleicht verstehst du dich manchmal selber nicht und wie du sagst kommen Erinnerungen hoch, d.h. sie lassen sich nicht mehr wegdrücken.
Ein Beispiel von mir: Als Jugendliche bin ich mit ner Freundin nach Norwegen getrampt. Wir haben draussen im Zelt übernachtet - alleine mitten in der Pampa - sie ist auch noch ein Stück den Berg hoch und hat sich ins Freie gelegt. Und dann gings ab.... Panikattacken... weinen, schreien.... ich dachte ich werde verrückt..... ich habe geschriebe, gemalt, geweint ...... ich wäre schier wahnsinnig geworden aber ich habe nicht begriffen. Es ist mir vorher schon ein paar mal so gegangen, da waren allerdings andere dann dabei und haben mich beruhigt.
Ein paar Jahre später in meiner Einzeltherapie fand ich es langsam heraus....
Ich hatte mit 1 1/2 Jahren Kinderlähmung bekommen, lag 6 Wochen in Quarantäne, in einem dunklen Zimmer auf ein Brett geschnallt, konnte nichts bewegen, habe geschielt, meine Eltern durften nur durchs Fenster reinschauen.
Meine Eltern haben mir das nie erzählt, erst als ich sie ganz direkt drauf ansprach nach mehreren Therapiesitzungen.
Danach habe ich natürlich nie wieder alleine draussen geschlafen, wieso auch.
Und so gibt es mehrere Beispiele, wo ich angefangen habe, mich selbst zu verstehen und mich auch zu lassen.
Es geht nicht um "Wegtherapieren", es geht um Verstehen, sich selbst mit seiner eigenen Geschichte zu verstehen und zu akzeptieren.
Deine Geschichte ist wirklich sehr schmerzhaft und ich wünsche dir, dass du lernst die kleine Melli zu verstehen und ihr zu helfen. Sie gehört zu dir, sie ist ein Teil von dir und sie will beachtet werden von dir, drum drückt sie raus.
Lass dir helfen, dich zu finden, das kann kein Mensch alleine schaffen. Sieh mich an, ich würde heute noch draussen schlafen und mich zu Tode ängstigen, nur weil andere meinen, dass ist doch nicht so schlimm, stell dich nicht so an und Ähnliches.
Ich hoffe, ich konnte dir damit ein bißchen helfen und lass dich nicht beeinflussen von dummen Geschwätz.
Hör auf dich und die kleine Melli, dann weißt du, was du tun mußt, was dir hilft.
Ganz wichtig, such dir eine Therapeutin, bei der du dich wirklich wohlfühlst.
Ich finde es klasse, dass du so offen und ehrlich bist und wünsche dir viel Kraft und auch Freude, denn die kleine Melli kann dich vor sehr viel Unglück und Leid bewahren, wenn du sie läßt.
Natürlich wirst du auch die traurigen Seiten sehen, das gehört dazu, aber die andere Seite eben auch.
:maldrueck Eva