Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose

Kevmarnik

Mitglied
Mein großer Sohn heißt auch Kevin, er ist jetzt 15 Jahre alt.
Er ist ein sehr lieber Kerl. Wir hatten in den vergangenen Monaten aber auch ziemliche Probleme mit ihm, er war wochenlang in der Psychiatrie aber jetzt ging es ihm wieder so weit gut. Dann zeigte er mir gerade diesen Bericht "Kevin ist eine Diagnose" - wo wir alle sagen müssen, dieser Bericht trifft auf unseren Kevin gar nicht zu! Aber das hat ihn selber schwer getroffen.
Ich weiß auch nicht wie so ein Bericht zu stande kommt. Von Kevins Lehrern kann ich eigentlich nur auch berichten, dass sie sehr positiv auf ihn eingestellt sind.

Nur jetzt muss ich meinen Kevin erst mal wieder aufbauen.
 
D

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Guest
Hallo zusammen,
also, ich muss mich jetzt einfach mal als Lehrerin outen und meinen Senf dazu geben. Ich kann natürlich nur für mich sprechen.

Ja, auch ich assoziiere mit Namen bestimmte Vorstellungen.
Das merke ich sofort, wenn ich gedanklich stolpere, weil sich ein Sechsjähriger mit Eckhardt vorstellt oder eben, wenn ich so ein innerliches ziehen bekomme, wenn ich auf der neuen Klassenliste Kevin lese.
Tatsache ist aber, dass ich - wie alle Menschen - diese unterbewusst entstandenen Vorurteile nicht abschalten kann. Ich kann sie aber reflektieren und dann nach bestem Wissen und Gewissen objektiv handeln und urteilen.

Also, ich reflektiere, ich korrigiere Klassenarbeiten namensblind, ich kenne mich mit der Hirnforschung und der Entstehung von Vorurteilen und Gedächtnisstrukturen einigermaßen aus...und doch...

Wie soll ich es sagen? Bisher habe ich fünf Kevins kennen gelernt und von denen war einer ein eher unauffälliger Schüler und die vier anderen haben meine pädagogischen Fähigkeiten voll und ganz gefordert.
Alle Simons und Alexanders zusammen haben mich nicht so gefordert, wie einer von den Kevins.
Ich habe nur noch zwei andere Jungen unterrichtet, die besondere Aufmerksamkeit brauchten und nicht Kevin hießen.

Das ist meine persönliche Statistik.
Dagegen kann ich nichts tun, ich kann nur wieder versuchen, dem nächsten kleinen Kevin genauso aufgeschlossen und objektiv zu begegnen, wie jedem seiner Klassenkameraden.

Grüße
:zwinker: :zwinker:
 

Maju

Namhaftes Mitglied
Eine Ergotherapeutin beklagte sich vor einiger Zeit mal, dass bei ihr "jeder" Pascal landen würde...
Den Trägern von Filmschauspielernamen wird unterstellt, dass das Fernsehen die einzige Bildung seiner Eltern wäre. Hinter konservativen Namen sieht man eher Bildungsbürger. In meiner Umgebung trifft das manchmal zu. Aber Lehrer müssen trotzdem jedem Kind gegenüber unvoreingenommen sein, auch den dicken, hässlichen, ausländischen, dem, dessen großer Bruder immer Sechsen schrieb, usw. Es geht ja bei dem Thema nicht nur um Namen.
 

Maju

Namhaftes Mitglied
Da fällt mir noch etwas dazu ein.
Bei den Vorurteilen geht es nicht nur darum, dass Lehrer ihren "Kevin" schlechter behandeln oder bewerten. Es gab da mal eine Studie: Lehrern wurde vor dem Schuljahr gesagt, welcher seiner neuen Schüler einen hohen oder niedrigen IQ besäße. Die Zahlen waren aber völlig aus der Luft gegriffen. Am Ende des Schuljahrs konnte man feststellen, dass sich die Kinder entsprechend dieser Fantasie-IQ entwickelt hatten.
Übertragen auf die "Kevins" würde das bedeuten, dass man von ihnen Auffälligkeiten erwartet und sie diese dann auch erfüllen.
 

usagimoon

sadness
Also ich finde ja, dass der Kevin aus "Kevin allein zu Haus" ein sehr schlauer Junge war. Äußerst schlau. Also müsste ja jeder Lehrer davon ausgehen, dass Kevins einen sehr hohen IQ haben.

LG
 

Maju

Namhaftes Mitglied
@usa
Wäre "Kevin allein zu Haus" klassische Literatur, Shakespear oder dergleichen, dann hättest du wohl Recht. Aber es ist eben "nur" TV.
 

emma0668

Aktives Mitglied
mein sohn heisst Jason...was meint ihr was da schon kam?????

mir gefiel der name einfach darum heisst er so... aber ne dann kommen sprüche wie: da kommt jason räumt die kettensäge weg etc.

konnt ich mal garnix damit anfangen bis mich irgendjemand mal "aufklärte" das es wohl nen film JAson gibt in nem horrorstreifen

aber in einem muss ich zustimmen, wenn man mal mit einem "namenstypen" schlechte erfahrungen gemacht hat... reflektiert man das schnell... habe ich bei mir schon festgestellt
bei mir ist es der name elke und wenn ich ne elke kennenlerne und es läuft nicht so rund wie es sollte erwische ich mich glatt bei dem gedanken *konnte ja nicht anders sein bei dem namen*
und das selbe gilt für mich bei sternzeichen, einmal schlechte erfahrungen gemacht, schon spielt einem die erinnerung und das unterbewustsein einen streich nach dem anderen

und wenn man noch so sehr versucht vorurteilsfrei an diese namen heranzutreten, wird man sich früher oder später doch dabei erwischen wie sich die vorurteile wieder einschleichen

:tml
 

kathrin St.

Mitglied
guten morgen :hihihi
freu mich gerade hier zu lesen, weil ich aus meiner jahrelangen erfahrung als erzieherin nur bestätigen kann, das man bestimmten namen verhaltensmuster zuordnet.
es gibt niemanden aus dem pädagogischen oder sozialen bereich, der frei von vorurteilen ist...niemanden. jeder mensch hat vorurteile. manche mehr, manche weniger. man muß sich nur darüber gedanken machen, DAS man sie habe!!!!!
natürlich muß ich versuchen vorurteilsfrei zu handeln aber bitteschön..ich bin nur ein mensch und finde es nicht schlimm kurz zu schmunzeln, bei einem namen den ich mit etwas lustigem in verbindung bringe..
ganz ehrlich...es gibt auch namen die nur in bestimmten schichten bevorzugt werden. und wenn ich die namensliste durchgehe und die familien dazu sehen passt das immer!! dennoch ist für mich ein mensch ein mensch und trotzdem hab ich vorurteile!!! :bye:
 

Mirandamond

Aktives Mitglied
Unser Sohn heißt Till... natürlich kamen früher Sprüche wie: Till Eulenspiegel....oder so.

Ja und, ich kaufte ihm ein Buch über Till Eulenspiegel,redete mit ihm darüber... das war ihm eigentlich alles relativ egal. Er hasste zeitweise seinen Namen.

Bis eines Tages.... ja bis er eines Tages Rammstein Fan wurde und fest stellen musste dass der Sänger von der Band AUCH Till heißt.
Von da an, gefiel ihm der Name. :-D
 

jana0266

Mitglied
Ja, die Vorurteile ..., aber die hat man nun mal. Nur tut es mir leid um alle Kevins, die unter diesen Vorurteilen zu leiden hat.
Ich habe mal im Zusammenhang mit dem Begriff "Kevinismus" gelesen, das der Name des Kindes auf die soziale Stellung und den Bildungsstand der Eltern schließen läßt, und da mag was dran sein. Eine gute Freundin von mir sagte mir mal, dass sie das bei ihren Schülern auch festgestellt hat. Was sie nicht festgestellt hat: dass diese Kinder eine geringere Intelligenz haben. Sie ist Lehrerin am Gymnasium und die Kinder sind durchweg intelligent.
Prozentual hat sie aber mehr Kinder mit deutschen Namen in den Klassen und das wiederum könnte daran liegen, das Kinder aus sozial schwachen Familien in diesem Staat einfach geringere Chancen haben. Allerdings, dass spräche ja nun auch wieder dafür, dass Kevin & Co. die Namen der Kinder der Unterschicht sind.
Ich fände es viel, viel besser, allen Kindern die gleichen und vor allem gute Bildungschancen zu geben, statt Geld für solch blöde Studien auszugeben.
 
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