Es mag sich traurig anhören, aber dass niemand geholfen hat scheint ein allgemeines menschliches und/oder gesellschaftliches Problem zu sein. Die Psychologie nennt das Bystander-Phänomen. Je mehr Menschen in so einer Situation vor Ort sind, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass jemand hilft. Die Tatsache, dass noch viele andere Menschen anwesend scheint dafür zu sorgen, dass der Einzelne, die Verantwortung nicht bei sich selbst sieht, sondern denkt, jemand anderes könnte doch genausogut einschreiten. Vielleicht wäre die Situation anders verlaufen, wenn nur ein Erwachsener in der Nähe des Kindes gewesen wäre. Es ist also nicht unbedingt nur so, dass es allen egal wäre, was passiert.
Zu diesem Thema gab es einen weltbekannten Fall.
1968 wurde auf einem Hinterhof in Queens nachts eine junge Frau names Kitty Genovese von einem Mann vergewaltigt und mit einem Messer niedergestochen. Die Frau schrie sehr laut, so dass in den nahegelegenen Wohnungen zahlreiche Lichter angingen. Das verschreckte den Täter und bewog ihn zur Flucht. In dieser Zeit ging kein Notruf bei der Polizei ein und niemand ging hinunter zu der verwundeten Frau. Später kehrte der Täter zurück und vollendete sein Werk. Erst über 20min später informierte ein Anwohner die Polizei, aber Kitty war bereits tot. 38 Zeugen hatten die Schreie gehört, aber niemand unternahm etwas. Jeder gab an, dass doch jemand anderes etwas unternehmen hätte können. Selbst wenn man argumentiert, dass sich niemand in Gefahr begeben wollte, zumindest der Notruf hätte in diesem Fall verständigt werden müssen.
Dieser Fall wurde später als Buch veröffentlicht ("Thirty-Eight Witnesses: The Kitty Genovese Case"). Er zog eine Menge von Forschungen nach sich, bis ein paar Jahre später der Begriff des Bystander-Effektes geprägt wurde.
Es ist traurig, aber immer wieder bittere Realität.