K
Käthe
Guest
Das hat ein Mitglied meines "Heimatforums geschrieben:
Plädoyer fürs Hören auf das Herz (sehr lang)
Gestern habe ich Leon zu Bett gebracht, es war ca. 19 Uhr und er wurde quengelig und fing an zu weinen. Das tut er selten, es ist aber für uns ein sicheres Zeichen, dass nun genug ist. In Absprache mit meinem Mann haben wir die große Matratze in seinem Zimmer ausgelegt, weil er seit drei Nächten unruhig schläft und alle 20 Minuten nach seinem Nucki jammert. Unser Ehebet ist nicht so ganz familienbetttauglich, es sind geteilte Matratzen und die Rille dazwischen kann man zustopfen wie man will, es ist immer zu spüren. Das Zimmer ist ein bißchen zu eng für einen Babybalkon. Kurz und gut, wird die Nacht wieder unruhig, „wandere“ ich aus und hole mir den Zwerg auf die Matratze. Und zwar ohne schlechte Gedanken.
Immer wieder lese ich Postings mit Überschriften wie „Wird er je alleine einschlafen“ oder „Kriegen wir ihn je aus unserem Bett“ und immer wieder liest man von Müttern, die ein schlechtes Gewissen haben, weil das Kind im Elternbett schläft, es in den Schlaf gekuschelt wird und dass die lieben Verwandten darüber blöde Kommentare abgeben.
Auch ich – das möchte ich vorneweg stellen – bin von alldem nicht frei. Ich frage mich, werde ich jemals wieder so ungestört schlafen können wie vor der Schwangerschaft. Auch ich kriege blöde Kommentare zu hören, z.B. wenn es um das abendliche Zubettbring-Ritual geht.
Ich habe im Krankenhaus und in der Zeit danach ein schlechtes Gefühl dabei gehabt, weil Leon erst nur auf mir schlief. Irgendetwas machte mir ein schlechtes Gewissen, obwohl ich merkte, dass er das, dass er MICH brauchte. Damals wählte ich den Weg, ihn nach und nach an seinen Stubenwagen zu gewöhnen. Manchmal tut mir das jetzt leid. Leon schläft auch heute mit seinen bald 10 Monaten jeden Abend in meinen Armen ein. Wir sitzen in einer Kuschelposition auf unserem Sessel im KiZi, ich bin seine Liegewiese und gebe ihm die Flasche. Er hält mir seine Händchen hin, die ich dann streichle, innen, außen, jeden Finger. Dabei summe ich LaLeLu und zwar Nonstop. Manchal 15 Minuten, manchmal eine halbe Stunde. Er entspannt dabei, sein Körper wird schlaff, er saugt und läßt sich streicheln. Ich lehne meinen Kopf gegen seinen und summe, küsse seine Stirn. Wann sonst hat er am Tag die Ruhe, nur in meinen Armen zu liegen und sich liebhaben zu lassen? Wann habe ich sonst die Chance, seine kleinen Hände zu streicheln, seine warme Haut zu riechen, seinen Körper zu fühlen? Der Tag-Leon ist nonstop in Bewegung, spielt, kreischt, krabbelt, lernt ständig – er hat keine Zeit zu kuscheln. Der Tag – Leon ist in seinen begrenzten Möglichkeiten mobil, selbständig und ein Kleinkind. Ein Menschlein, das mit uns seine ersten kleinen Kämpfe ausficht, Grenzen kennenlernt, Grenzen einhalten muss und Grenzen bricht. Ein kleiner Forscher, der sich über seine eigenen Fortschritte freut und sich ständig bei uns rückversichert, ob wir seine Freude teilen. Der Abend – Leon im Sessel, der geht einen Schritt zurück. Klein, zart, empfindlich und liebebedürftig bei Mama ankuscheln, der Abend – Leon ist ein kleines Baby. Wie lange wird er das noch sein? Wie lange dauert es, bis er mir abends mal sagt: „Mama ich will nicht auf den Schoß, ich bin doch kein Baby mehr?“ Wenn wir abends dort sitzen habe auch ich die Zeit, den Tag revuepassieren zu lassen. War ich zu streng mit dir? Oder war ich inkonsequent? Habe ich mit dir zu viel gemault, weil du rumgenölt hast? Habe ich mich genug gekümmert? Was habe ich falsch, was richtig gemacht? Hast du heute das Gefühl gehabt, dass ich dich liebhabe?
Wenn dann das kleine Gesicht friedlich schlafend in meinen Armen liegt, der Nucki wackelt oder er ihn gar nicht erst gebraucht hat, dann habe ich auch Frieden geschlossen mit dem kleinen wütenden und jaulenden Leon. Auch alles, was mich Nerven gekostet hat, fällt dann von mir ab. Ein Küsschen auf die feuchte Sabberschnute, lege ich ihn LaLeLu summend in sein Bettchen.
Warum sollte ich uns um diese Zeit bringen? Warum soll er alleine einschlafen, wenn ich ihn mit Nähe und Liebe begleiten kann? Weil ein Kind das in dem Alter können MUSS? Und warum soll denn Mama diese kleinen Babymomente am Tag nicht auch ganz egoistisch genießen?
Ich werde weiter in den Schlaf kuscheln, Nachts bekuscheln, wenn er es braucht, ihn durch die Gegend schleppen und ihn nicht unnötig weinen lassen und für ihn da sein, so wie er es braucht. Und ich werde sicherlich auch weiter jammern und fluchen, wenn er mich an meine Grenzen bringt. Ich habe mir ja nur vorgenommen, eine gute Mutter zu sein, keine Heilige.
Ich schreibe seine guten Entwicklungsschritte mal der Tatsache zugute, dass wir immer für ihn da sind, ihn fördern und fordern, Zeit für ihn haben und ihm auch Momente der Ruhe, Halt und Geborgenheit geben. Und vor allem Liebe. Dass wir Eltern nicht nur aus dem Bauch heraus handeln, sondern insbesonders hier in den Foren immer wieder dazu angeregt sind, unser eigenes Handeln und Denken zu reflektieren. Deshalb bin ich froh und dankbar, dass man hier positive Resonanz erfährt, wenn man diesen „anderen“ Weg geht. Ich vermute, dass ich ohne die Anregungen seitens des Forums einen distanzierteren Umgang mit Leon gehabt hätte, indem meine Einstellung sicher mehr von der „der muss alleine schlafen können“-Erziehungsmentalität geprägt worden wäre.
Schade, dass ich diese Selbstsicherheit in diesem Maße nicht direkt nach meinem KS hatte und ich Leon immer mit einer Spur schlechtem Gewissen „an mir kleben“ ließ. Aber es muss ja auch etwas bleiben, was man beim Zweiten besser machen kann ;o)
Vielleicht kann ich mit meinen Gedanken auch all denen ein wenig helfen, die wie ich dieses „schlechte Gefühl“ kennen, weil man merkt, dass der eigene Weg „anders“ ist als der „der anderen Leute“.
Mir gelingt es jetzt übrigens schon entschieden besser, voller Überzeugung unser Abendritual zu erklären oder auch die (erst seit Neuestem nicht mehr gebrauchte) Nacht-Kuschelflasche.
Ich wollte nie so sein wie alle Anderen – also warum sollte ich jetzt eine Mainstream-Mama werden?
Liebe Grüße, Conny
PS: Leon hat heute Nacht wieder unruhig geschlafen, ich bin dann zu ihm rüber und der Rest der Nacht lief gut. Um 5.30 war er dann wach, ich habe das Licht angemacht und er hat 90 Minuten, neben mir, an mir, mit mir gespielt, ohne ein jaulendes Tönchen.
Originalpost:http://kind.qualimedic.de/Q-5921180.html
Dieser Text sagt genau das aus, was ich denke/fühle. Ich könte es nur nicht halbso gut in Worte fassen! ;-) Und deshalb habe ich (mit ihrer Erlaubnis) den Text hier hineinkopiert.
Bin mal gespannt, was ihr darüber denkt!
Viele liebe Grüße, Käthe
Plädoyer fürs Hören auf das Herz (sehr lang)
Gestern habe ich Leon zu Bett gebracht, es war ca. 19 Uhr und er wurde quengelig und fing an zu weinen. Das tut er selten, es ist aber für uns ein sicheres Zeichen, dass nun genug ist. In Absprache mit meinem Mann haben wir die große Matratze in seinem Zimmer ausgelegt, weil er seit drei Nächten unruhig schläft und alle 20 Minuten nach seinem Nucki jammert. Unser Ehebet ist nicht so ganz familienbetttauglich, es sind geteilte Matratzen und die Rille dazwischen kann man zustopfen wie man will, es ist immer zu spüren. Das Zimmer ist ein bißchen zu eng für einen Babybalkon. Kurz und gut, wird die Nacht wieder unruhig, „wandere“ ich aus und hole mir den Zwerg auf die Matratze. Und zwar ohne schlechte Gedanken.
Immer wieder lese ich Postings mit Überschriften wie „Wird er je alleine einschlafen“ oder „Kriegen wir ihn je aus unserem Bett“ und immer wieder liest man von Müttern, die ein schlechtes Gewissen haben, weil das Kind im Elternbett schläft, es in den Schlaf gekuschelt wird und dass die lieben Verwandten darüber blöde Kommentare abgeben.
Auch ich – das möchte ich vorneweg stellen – bin von alldem nicht frei. Ich frage mich, werde ich jemals wieder so ungestört schlafen können wie vor der Schwangerschaft. Auch ich kriege blöde Kommentare zu hören, z.B. wenn es um das abendliche Zubettbring-Ritual geht.
Ich habe im Krankenhaus und in der Zeit danach ein schlechtes Gefühl dabei gehabt, weil Leon erst nur auf mir schlief. Irgendetwas machte mir ein schlechtes Gewissen, obwohl ich merkte, dass er das, dass er MICH brauchte. Damals wählte ich den Weg, ihn nach und nach an seinen Stubenwagen zu gewöhnen. Manchmal tut mir das jetzt leid. Leon schläft auch heute mit seinen bald 10 Monaten jeden Abend in meinen Armen ein. Wir sitzen in einer Kuschelposition auf unserem Sessel im KiZi, ich bin seine Liegewiese und gebe ihm die Flasche. Er hält mir seine Händchen hin, die ich dann streichle, innen, außen, jeden Finger. Dabei summe ich LaLeLu und zwar Nonstop. Manchal 15 Minuten, manchmal eine halbe Stunde. Er entspannt dabei, sein Körper wird schlaff, er saugt und läßt sich streicheln. Ich lehne meinen Kopf gegen seinen und summe, küsse seine Stirn. Wann sonst hat er am Tag die Ruhe, nur in meinen Armen zu liegen und sich liebhaben zu lassen? Wann habe ich sonst die Chance, seine kleinen Hände zu streicheln, seine warme Haut zu riechen, seinen Körper zu fühlen? Der Tag-Leon ist nonstop in Bewegung, spielt, kreischt, krabbelt, lernt ständig – er hat keine Zeit zu kuscheln. Der Tag – Leon ist in seinen begrenzten Möglichkeiten mobil, selbständig und ein Kleinkind. Ein Menschlein, das mit uns seine ersten kleinen Kämpfe ausficht, Grenzen kennenlernt, Grenzen einhalten muss und Grenzen bricht. Ein kleiner Forscher, der sich über seine eigenen Fortschritte freut und sich ständig bei uns rückversichert, ob wir seine Freude teilen. Der Abend – Leon im Sessel, der geht einen Schritt zurück. Klein, zart, empfindlich und liebebedürftig bei Mama ankuscheln, der Abend – Leon ist ein kleines Baby. Wie lange wird er das noch sein? Wie lange dauert es, bis er mir abends mal sagt: „Mama ich will nicht auf den Schoß, ich bin doch kein Baby mehr?“ Wenn wir abends dort sitzen habe auch ich die Zeit, den Tag revuepassieren zu lassen. War ich zu streng mit dir? Oder war ich inkonsequent? Habe ich mit dir zu viel gemault, weil du rumgenölt hast? Habe ich mich genug gekümmert? Was habe ich falsch, was richtig gemacht? Hast du heute das Gefühl gehabt, dass ich dich liebhabe?
Wenn dann das kleine Gesicht friedlich schlafend in meinen Armen liegt, der Nucki wackelt oder er ihn gar nicht erst gebraucht hat, dann habe ich auch Frieden geschlossen mit dem kleinen wütenden und jaulenden Leon. Auch alles, was mich Nerven gekostet hat, fällt dann von mir ab. Ein Küsschen auf die feuchte Sabberschnute, lege ich ihn LaLeLu summend in sein Bettchen.
Warum sollte ich uns um diese Zeit bringen? Warum soll er alleine einschlafen, wenn ich ihn mit Nähe und Liebe begleiten kann? Weil ein Kind das in dem Alter können MUSS? Und warum soll denn Mama diese kleinen Babymomente am Tag nicht auch ganz egoistisch genießen?
Ich werde weiter in den Schlaf kuscheln, Nachts bekuscheln, wenn er es braucht, ihn durch die Gegend schleppen und ihn nicht unnötig weinen lassen und für ihn da sein, so wie er es braucht. Und ich werde sicherlich auch weiter jammern und fluchen, wenn er mich an meine Grenzen bringt. Ich habe mir ja nur vorgenommen, eine gute Mutter zu sein, keine Heilige.
Ich schreibe seine guten Entwicklungsschritte mal der Tatsache zugute, dass wir immer für ihn da sind, ihn fördern und fordern, Zeit für ihn haben und ihm auch Momente der Ruhe, Halt und Geborgenheit geben. Und vor allem Liebe. Dass wir Eltern nicht nur aus dem Bauch heraus handeln, sondern insbesonders hier in den Foren immer wieder dazu angeregt sind, unser eigenes Handeln und Denken zu reflektieren. Deshalb bin ich froh und dankbar, dass man hier positive Resonanz erfährt, wenn man diesen „anderen“ Weg geht. Ich vermute, dass ich ohne die Anregungen seitens des Forums einen distanzierteren Umgang mit Leon gehabt hätte, indem meine Einstellung sicher mehr von der „der muss alleine schlafen können“-Erziehungsmentalität geprägt worden wäre.
Schade, dass ich diese Selbstsicherheit in diesem Maße nicht direkt nach meinem KS hatte und ich Leon immer mit einer Spur schlechtem Gewissen „an mir kleben“ ließ. Aber es muss ja auch etwas bleiben, was man beim Zweiten besser machen kann ;o)
Vielleicht kann ich mit meinen Gedanken auch all denen ein wenig helfen, die wie ich dieses „schlechte Gefühl“ kennen, weil man merkt, dass der eigene Weg „anders“ ist als der „der anderen Leute“.
Mir gelingt es jetzt übrigens schon entschieden besser, voller Überzeugung unser Abendritual zu erklären oder auch die (erst seit Neuestem nicht mehr gebrauchte) Nacht-Kuschelflasche.
Ich wollte nie so sein wie alle Anderen – also warum sollte ich jetzt eine Mainstream-Mama werden?
Liebe Grüße, Conny
PS: Leon hat heute Nacht wieder unruhig geschlafen, ich bin dann zu ihm rüber und der Rest der Nacht lief gut. Um 5.30 war er dann wach, ich habe das Licht angemacht und er hat 90 Minuten, neben mir, an mir, mit mir gespielt, ohne ein jaulendes Tönchen.
Originalpost:http://kind.qualimedic.de/Q-5921180.html
Dieser Text sagt genau das aus, was ich denke/fühle. Ich könte es nur nicht halbso gut in Worte fassen! ;-) Und deshalb habe ich (mit ihrer Erlaubnis) den Text hier hineinkopiert.
Bin mal gespannt, was ihr darüber denkt!
Viele liebe Grüße, Käthe