Es geschah so ca. 1995:
Ich war bis dato noch nie beweibt, ohne Besitz, hatte meine Berufsausbildung abgeschlossen und auf Nebenjob-Suche. Und in einer Zeitung inserierte eine Frau, dass sie gegen Stundenlohn eine Schreib- und Aufräumhilfe bräuchte.
Also ich bin dann hin zu der.
Es empfing mich eine junge, hübsche ca. 26-Jährige in einer 1-Zimmerwohnung in München. Da war 1 Bett in etwa Zimmermitte, 1 Tisch, 1 Bürotisch, 1 Komode, 1 Kleiderschrank, 1 Mini-Küche, 1 PC und ein paar Aktenordner.
Ich musste mir sofort heimlich auf die Finger klopfen; mir immer wieder selbst sagen, dass die nichts dafür kann, wie Gott sie nunmal schuf. Schaute mich aber gleichzeitig um, ob ich nicht heimlich von einer versteckten Kamera gefilmt werde. Oder ob ich sogar echt in einer Szene mit Veronica drin bin; die angehenden Medien-Diplomateure haben in München Hochkonjunktur und man weiss, dass sie trickreich auf Komparsenjagd gehen...
Ich war zu der Zeit auch immernoch von dem Film "Der bewegte Mann" beindruckt.
Meine Arbeitgeberin kam dann ziemlich schnell zur Sache, also zum Nebenjob. Befreite sich (ohne meine Hilfe) vom Pulli, nahm selber platz auf ihrem Bett und bat darum, eine Kopie meines Perso machen zu dürfen. Frau alleine mit fremden Mann in der Wohnung... und man kann ja nicht wissen, mit wem man es zu tun hat - ihr kennt das ja :unsch. Kein Problem, meinen Perso durfte sie kopieren.
Bevor ich aber für sie etwas in Word tippe, wollte sie noch etwas besprechen, wegen der Reihenfolge und so...
Mein Job begann also dann am ersten Arbeitstag mit einem Frage-Antwort-Spielchen.
"Was ist Freundschaft?"
"Ist Freundschaft eine Folge von Liebe? - oder andersrum?"
"Kann Frau wahre Liebe willentlich steuern?"
"Warum kann ein heterosexueller Mann nicht schwul werden?"
"Kann es wahre Liebe unter Frauen geben?"
usw.
Ehrlich gesagt, ich hatte nicht die geringste Ahnung; wusste nicht, worum es geht und warum die mir diese Fragen stellt.
Da sie aber offensichtlich Wert auf meine Meinung zu diesen Themen legte, beantwortete ich alles nach besten Wissen und Gewissen - und hielt mich selbst mit Fragen zurück.
Meine Arbeitgeberin war sichtlich über meine Antworten erfreut, lächelte manchmal, bewirtete mich mit einem Getränk - und sagte dann, dass sie in therapeutischer Behandlung sei und dass sie jedem empfielt, wenigstens 1x im Leben zu einem Psychologen zu gehen.
Die Stunde war dann rum, sie bat mich noch um meine Telefonnummer, gab mir den vereinbarten Arbeitslohn und wolle sich wieder melden, wenn sie wieder Schreibhilfe braucht.
Meine Schreibhilfe wurde schon nach 3 Tagen benötigt, mitten unter der Woche - wir konnten uns aber auf's Wochenende einigen.
Also der 2. Arbeitstag verlief genauso wie der 1. Arbeitstag. Und wieder der Themenbereich 'zwischenmenschliche Beziehungen'. Und auch wieder ihre Ansage, dass wenigstens 1x im Leben Psychologe nicht schaden kann. Dieses mal machte sie aber zum Ende der Stunde fix mit mir den kommenen Samstag aus. Und ob ich auch bereit wäre, mit ihr nach draussen zu gehen, wenn es nicht regnen sollte. Kein Problem, Notizen kann man sich auch im Freien genausogut machen, antwortete ich.
Leider war aber mein Nebenjob, bevor wir uns das dritte mal sahen, jäh zuende.
2 Stunden, bevor ich mich auf den Weg zur Arbeit machte, rief mich meine Chefin an. Sie wollte unbedingt, dass ich mit ihr zusammen -jetzt- zu ihrer Psychotherapeutin fahre. Als ich das verneinte - verlor meine Chefin leider ihre Beherrschung. Ich war daraufhin weder erschrocken, noch verärgert. Ich verstand nur nichts. Abwertend dachte ich zu keiner Zeit über sie - insgeheim fühlte ich, dass ihre äussere Hülle über etwas -was auch immer es gewesen sein mag- in ihrem Leben hinwegtäuscht.
Hm - beiderseitige Kündigung im Unverständnis.
Ich ging dann ersatzweise ins Kino, alleine, wie schon immer...
:anbet
feif