Hallo Broeseline,
nein, ich glaube nicht, daß es Intoleranz ist, sondern eher Unverständnis.
Wenn man als Kind jahrelang in einem Glauben erzogen wird, dieser Glaube einem tagtäglich vorgelebt wird, es einfach total selbstverständlich für ein Kind ist, daß DIES genau der richtige Weg ist und plötzlich kommt jemand und sagt: Ich bin nicht getauft, ich habe keinen Glauben, dann ist man geschockt...
Zumindest ging es mir so... Für mich gab es einfach keine Alternative... es gab für mich Evangelisch und Katholisch und einem dieser Glaubensrichtungen MUSSTE man angehören. Bei uns wurden (und werden von den alten Leuten vor allem auf den Dörfern) ungetaufte Kinder als "Heiden" betitelt, mit denen man Mitleid haben muß, weil sie nicht zu Gott gehören...
Das Einzige was ich noch als Kind so kannte, waren die Zeugen Jehovas, deren Glauben aber eh als total "irrsinnig" angesehen wurde, es hieß bei uns immer nur: Macht denen bloß nie die Tür auf... die wird man nicht mehr los *gg*
Jedenfalls war es für mich eben lange Zeit nicht zu verstehen, daß jemand ohne Glauben leben konnte, bis ich dann lange Gespräche mit dieser ungetauften Arbeitskollegin führte.
Sie war kurz nachdem sie vom Osten (Rostock) herkam, natürlich auch bei der Hochzeit eines Arbeitskollegen eingeladen und ging somit das 1. Mal zur Kirche...
Sie kam dann nach dem Wochenende wieder und berichtete mir Ihre Erfahrungen (da ich selber nicht auf die Hochzeit konnte). Sie sagte, es war ihr total unheimlich, die Leute hätten was von "Geistern" erzählt ( Heiliger Geist ), und sie hätten alle solche Verse gemurmelt, sie kam sich vor wie in einer Sekte... und alle hätten immer genau das Gleiche gemacht, z. B. sich hingekniet, gleichzeitig die Gebete gesprochen usw....
Für sie muß es wohl wirklich wie eine Art Sekte ausgesehen haben und erst da wurde mir bewußt, daß mein Glaube wohl für alle Katholiken das Normalste der Welt war, aber für jemanden, der nicht damit aufgewachsen ist, wohl ziemlich seltsam aussehen/wirken mußte *gg* ;D
Sie hat es übrigens dann auch so gemacht, daß ihre Tochter auf dem Gymnasium in Ethik ging und sie durfte dann selber entscheiden, ob sie sich irgendwann taufen lassen wollte...
Ich hatte mit dieser Arbeitskollegin sehr viel Spaß mit dem Thema, einmal erzählte sie mir - es war zu der Zeit, als die Sternsinger von Haus zu Haus gingen und die Türen mit Kreide beschrifteten - daß es bei ihr geklingelt hätte...
Sie sei an die Sprechanlage und hätte gefragt, wer dort sei...
Die Antwort: Die Sternsinger
Sie: Wer???!!??
Antwort: Die Sternsinger!
Sie: Sternsinger?? Kenn ich nich.... - und hat den Hörer aufgelegt... :rofl
Ich hab mich bald totgelacht bei der Vorstellung, was sie für ein Gesicht dabei gemacht haben muß und vor allem erst die Sternsinger... :sn7
Ihre Tochter hatte übrigens zur selben Zeit gefragt, ob denn jetzt schon Fasching sei, sie hätte solche verkleideten Gruppen rumrennen sehen... *gg*
Jedenfalls wurde mir durch sie bewußt, daß es eben nicht NUR Katholische und Evangelische gibt, sondern daß sehr viele Menschen auch ohne Glauben zurechtkommen. Für mich selber könnte ich mein Leben ohne meinen Glauben nicht vorstellen, was aber auch nicht heißt, daß ich hinter den altmodischen Ansichten des Papstes stehe, oder jeden Tag in die Kirche renne... sondern ich rede von dem Glauben, der aus dem Herzen kommt und den brauche ich halt um zu Überleben. Ich bin sicher, daß ungetaufte Menschen ihre Kraft irgendwo anders herbekommen und ich respektiere das auch auf jeden Fall.
Ich würde niemals sagen, der ist nicht getauft, mit dem will ich nix zu tun haben. Ich lebe meinen Glauben und andere sollen ihren Glauben leben, egal ob jetzt mit Gott oder ohne. So wie es eben für Ungetaufte selbstverständlich ist, daß man NICHT getauft wird, so ist es eben für mich selbstverständlich, DASS man getauft wird, aber trotz allem ist meiner Meinung nach mit ein bißchen Toleranz ein friedliches Miteinander sehr gut möglich ;-)