Hallo,
@Ilona: Vor einigen Jahren hatte Stefan Raab ja innerhalb seiner Sendung "Schlag den Raab" bereits ein sehr ähnliches Konzept ausprobiert, aus dem dann Max Mutzke hervor ging, der dann mit sehr, sehr großem Vorsprung den Vorentscheid für den ESC gewann und dann in Istanbul den achten Platz belegte. Bei ihm war aber damals auch von der Produktionsfirma sehr deutlich gesagt worden, dass das erst einmal eine Eintagsfliege sein solle, bis er die Schule fertig gemacht hat, und ich denke das ist auch nur fair.
@lailamausi: Es ist in der Tat so, dass die Karriere der angeblichen Superstars und Idole in Deutschland in der Tat nach dem Sieg in einer Castingshow oft kürzer ist, als die ursprüngliche Dauer der Sendung. Das hat aber weniger mit den Künstlern selber, als mit den Verträgen zu tun, die den Aufbau einer Karriere kaum zulassen: Die Gewinner binden sich damit nicht nur an eine Plattenfirma, sondern auch an einen Komponisten und Produzenten, der im Falle von DSDS meist Dieter Bohlen heißt, und sie verpflichten sich, für einen gewissen Zeitraum nur mit Medien, die von der Produktionsfirma abgesegnet wurden (was dann fast ausschließlich die Medien der jeweiligen Sendergruppe und des Springerverlages sind) über Dinge zu sprechen, die von der Produktionsfirma abgesegnet worden sind (das ist eine Regel, der alle Castingshow-Teilnehmer von Anfang an zustimmen müssen).
Es gibt natürlich viele Menschen die sagen, dass das völlig in Ordnung so ist, und dass man eben die Hand, die einen füttert nicht beißt. Aber es ist sehr deutlich, dass gerade die Produzenten von DSDS keinerlei Interesse daran haben, einem Künstler eine nachhaltige Karriere zu ermöglichen - sie wollen ihn binden, so lange es geht, um das finanzielle Maximum dabei heraus zu holen. Und das bedeutet: Sobald das Finale der Staffel gelaufen ist, und oft auch noch davor, werden ein, zwei Lieder eingespielt, die dann direkt nach dem Finale bei den Radiosendern aufschlagen und dort rauf und runter gespielt werden, bis sie keiner mehr hören kann, und der betreffende "Superstar" wieder in Vergessenheit gerät, weil der meist künstlich konstruierte Hype der Casting-Produktionen, in denen sich zunehmend Realität und Fiktion vereinen, verblasst, und von den jungen Menschen, die einst einen Musikgeschmack, einen Stil repräsentierten, eine Kunst-Figur zurück lassen, die durch die Bohlensche Gleichmacher-Maschine zu einem Abziehbildchen geworden ist, dass keiner mehr von all den anderen Superstars unterscheiden kann, die darin produziert worden sind. Es ist sehr schwer danach jemandem zu erklären, dass man eine Chance als Panflötenspieler verdient hat, weil man das eigentlich viel besser kann, weil jeder glaubt, die Menschen, die diese Sendungen hinter sich gebracht haben, genau zu kennen, weil man sie ja über Wochen im Fernsehen gesehen hat. Und wenn mal tatsächlich einem ein neuer Vertrag angeboten wird, dann haben die Produzenten auch dafür eine Klausel im Vertrag: Die Künstler dürfen erst nach einem gewissen Zeitraum wieder einen neuen Vertrag woanders unterschreiben. Es ist also kein Wunder, dass die "Superstars" bald wieder in Vergessenheit geraten.
Aber das muss nicht so sein: Ähnliche Formate in den USA und Großbritannien haben in der Tat Stars hervor gebracht, die man auch Jahre später noch kennt und schätzt. In Israel beginnen in jedem Jahr viele der Kandidaten von "Kokhav Nolad" (Ein Star wird geboren) über das Format eine Karriere. Nur ist das bei uns so geregelt, dass die Produzenten der Sendung ein großes Interesse daran haben, den Künstlern die besten Komponisten und Producer zu besorgen, die sie finden können, weil sie an jedem Chart-Erfolg mit verdienen. So ist es zu erklären, dass in diesem Jahr mit Har'el Ska'at der dritte Absolvent von Kokhav Nolad beim ESC antritt (nach Shiri Maimon 2005 und Bo'az Ma'uda 2008). In Russland hat übrigens mit Dima Bilan auch schon ein Castingshow-Gewinner den ESC gewonnen. Er ist im gesamten Ost-Europa ein echter Superstar. Aber um das zu werden, muss man es eben auch ermöglichen. Und das wird in Deutschland nicht gemacht.
Viele Grüße,
Ariel