Ich denke auch, dass es keinen Sinn macht, die Zeiten früher mit denen von heute zu vergleichen. Früher war es in vielen Familien regelrecht an der Tagesordnung, Kinder zu schlagen, wenn sie nicht spurten, wie die Eltern es gerne gehabt hätten.
Was sich aber nicht geändert hat sind eben die Kinder als solche. Ein Kind, das früher auf die Welt kam, war nicht unsensibler, abgehärteter oder schmerzunempfindlicher als heute.
Und so nehme ich das Gefühl als Maßstab, das ich hatte, wenn meine überforderte Mutter (später dann mein Vater, als ihre Kraft nicht mehr ausreichte, mir weh zu tun) es mal wieder nicht besser wusste, als mir den Allerwertesten zu versohlen - aus welchem Grund und mit welchem Hilfsmittel auch immer. Ich fühlte mich so etwas von ohnmächtig und gedemütigt, denn es war ein Kampf mit ungleichen Mitteln, den ich nicht gewinnen konnte. Wie unfair und eigentlich feige, sich der Auseinandersetzung nicht zu stellen, sondern eine Entscheidung mit Gewalt herbeizuführen. Dafür habe ich meine Eltern verachtet!
Ich möchte nicht, dass meine Tochter einmal genauso fühlt und so über mich denkt, wie ich es über meine Eltern getan habe. Ich habe zwar verziehen, aber ich kann nicht vergessen. Sicherlich weiß ich, dass meine Mutter mit ihrer Situation damals überfordert war (das Geld war knapp, gerade ein Häuschen gebaut, Doppelbelastung durch Kindererziehung und Zweitjob, um besser über die Runden zu kommen UND eben ein nicht gerade einfaches Kind).
Aber gibt einem die persönliche Überforderung das Recht, sich dann an einem kleinen Menschlein auszutoben, das erst noch lernen muss, in der Welt zurecht zu kommen, seinen Weg zu finden? Einem Kind, das Orientierung sucht, eine helfende Hand, um die großen oder auch kleinen Probleme zu bewältigen, vor denen es steht? Wohl kaum! Schläge zerstören Vertrauen - zumindest war es bei mir so.
Kinder sind ein großes anvertrautes Geschenk, kein Besitz, den man behandeln kann, wie man will. Da wird von Respektlosigkeit der Kinder geredet - aber ist der Gebrauch von körperlicher Gewalt seitens der Eltern etwa etwas Respektvolles???! Kinder bedeuten Verantwortung und Herausforderung - und dem muss ich mich stellen, auch in schwierigen Situation und kann nicht nach dem vermeintlich einfachsten Mittel greifen, das gerade zur Verfügung steht, eben weil es am schnellsten zum (zweifelhaften) Erfolg führt. Es unterdrückt doch lediglich kurzzeitig eine unerwünschte Reaktion und greift nicht an die Wurzel.
Meine Mutter konnte für mich so nie zur Freundin und Ratgeberin werden, die ich mir so gewünscht, ja, die ich zuweilen regelrecht gebraucht hätte. Unser Vertrauensverhältnis war zerstört. Ich hoffe, bei meiner Maus wird es anders.
Sie ist wirklich anstrengend, ein Wut- und Trotzkopf. Aber wenn wir einen Anfall gemeinsam durchgestanden haben, sie mich in ihre Arme zieht und mich fragt, ob wir uns wieder vertragen wollen, ist es für mich das schönste Geschenk. Und das ganz ohne Gewalt, wenngleich manchmal mit ausgefransten Lippen oder auch mal nach verhängten und durchexerzierten Sanktionen. Gewaltfreie Erziehung ist für mich nicht gleichbedeutend mit lascher Erziehung, denn ich bin überzeugt, dass Kinder Regeln und Geleit benötigen.
Aber Schläge.. und sei es "nur der Klaps auf den Po" - die Grenzen sind schließlich fließend - von mir kommt ein klares NEIN!
Liebe Dein Kind wenn es es am wenigsten verdient hat, denn dann braucht es deine Liebe am meisten!
Viele Grüße
kikra