Möchte auch noch eine Seite Pro hier einstellen. Für Mütter/Väter die eventuell mal diese ganzen Beiträge von vorne an lesen. Hier, in diesem Text wird werder beschönigt, noch dramatisiert
In der Pubertät beginnen Jugendliche vermehrt, Gewohntes zu hinterfragen und Neues auszuprobieren. Freunde gewinnen an Bedeutung, die Orientierung am Elternhaus lässt nach. Diese Schritte zum Erwachsen werden sind zweifelsohne wichtig, damit sich Eigenständigkeit und Selbstvertrauen entwickeln können. Die Phase der Neuorientierung birgt aber auch Gefahren, denen besonders Jugendliche mit ADHS ausgesetzt sind.
Ist die Gewaltbereitschaft bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS erhöht?
ADHS kann bereits in der frühsten Kindheit zu auffälligen Verhaltensmustern führen. Inwieweit Kinder und Jugendliche mit ADHS jedoch gewaltbereiter und aggressiver sind als Gleichaltrige, ist noch nicht eindeutig geklärt.
Einige Experten beobachten, dass Jugendliche mit ADHS und ausgeprägter Hyperaktivität häufiger und extremer gewalttätig werden als ihre Gleichaltrigen. Dafür wird maßgeblich ihre gestörte Impulskontrolle verantwortlich gemacht.
Zudem besteht meist eine ausgesprochene Neugierde und Offenheit allem Spannendem und Interessantem gegenüber. Das kann Jugendliche mit ADHS ebenso dazu bewegen, problematisches und antisoziales Verhalten auszuprobieren und zu übernehmen (1).
Es besteht aber auch die Auffassung, dass es manchmal durch mangelnde Zuwendung und den falschen Umgang von Eltern mit dem schwierigen Kind zu einer höheren Gewaltbereitschaft kommen kann. Ohne es zu wissen, sind Eltern ja nicht selten ebenfalls von ADHS betroffen. Diese Eltern haben meist große Probleme, ihr Leben in den Griff zu bekommen, mit ihrer Impulsivität und Sprunghaftigkeit zurecht zu kommen und Regeln zu setzen. Ein Kind, dessen Mutter oder Vater unter ADHS leidet, wird früh durch ein problematisches Erziehungsmilieu geprägt, das ungehaltenes und aggressives Verhalten noch verstärken, ja sogar erst zum Ausbruch bringen kann (2).
Kinder mit ADHS, die ein geborgenes Zuhause mit festen Regeln und Anforderungen kennenlernen und mit sanftem Druck liebevolle Unterstützung erfahren, sind allem Anschein nach weniger gefährdet, sozial auffällig zu werden oder eine Störung des Sozialverhaltens zu entwickeln.
Wie zeigt sich eine Störungen des Sozialverhaltens?
Die "Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme" ICD-10 (F91) beschreibt Störungen des Sozialverhaltens wie folgt:
"Störungen des Sozialverhaltens sind durch ein sich wiederholendes und anhaltendes Muster dissozialen, aggressiven und aufsässigen Verhaltens charakterisiert. In seinen extremsten Auswirkungen beinhaltet dieses Verhalten gröbste Verletzungen altersentsprechender sozialer Erwartungen. Es soll schwerwiegender sein als gewöhnlicher kindischer Unfug oder jugendliche Aufmüpfigkeit. Einzelne dissoziale oder kriminelle Handlungen sind allein kein Grund für die Diagnose, für die ein andauerndes Verhaltensmuster gefordert ist.
Merkmale der Störungen des Sozialverhaltens können symptomatisch auch bei anderen psychiatrischen Erkrankungen auftreten, dann ist die zugrundeliegende Diagnose zu kodieren.
Störungen des Sozialverhaltens können sich in einigen Fällen zu dissozialen Persönlichkeitsstörungen (F60.2) entwickeln. Eine Störung des Sozialverhaltens tritt oft zusammen mit schwierigen psychosozialen Umständen, wie unzureichenden familiären Beziehungen und Schulversagen auf; sie wird bei Angehörigen des männlichen Geschlechte häufiger gesehen. Die Unterscheidung von einer emotionalen Störung ist gut belegt; ihre Abgrenzung gegen Hyperaktivität ist weniger klar, hier sind Überschneidungen häufig."
In den Leitlinien der ICD-10 wird darauf hingewiesen, dass Störungen des Sozialverhaltens gemeinsam mit einer hyperkinetischen Störung auftreten können. Bei gemeinsamem Auftreten beider Störungen ist das Risiko für ein Abgleiten in die Kriminalität, aber auch für einen Drogen- bzw. Alkoholmissbrauch nachweislich erhöht (2).
Besteht bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS eine größere Suchtgefährdung?
Einige Experten gehen davon aus, dass Kinder und Jugendliche mit ADHS, die nicht medikamentös behandelt werden, stärker suchtgefährdet sind als die gesunden oder nicht medikamentös therapierten Gleichaltrigen. Auf der anderen Seite wird auch darüber diskutiert, ob nicht sogar die Behandlung mit Stimulanzien zu einem erhöhten Drogenkonsum in späteren Jahren führen kann. Bisher wurden verschiedene Untersuchungen zu beiden Hypothesen mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen veröffentlicht:
Eine Langzeitstudie von Biedermann et al. hat ergeben, dass ADHS-Jugendliche, die medikamentös therapiert werden, ein um 85 Prozent niedrigeres Risiko für Drogenmissbrauch haben, als Betroffene, die nicht behandelt werden. Allerdings wurden in dieser Studie nur 19 nicht medikamentös behandelte ADHS-Jugendliche mit 56 ADHS-Jugendlichen verglichen, die eine Behandlung mit Psychopharmaka erhielten. In der Studie wird lediglich erwähnt, dass die Patienten mit Stimulanzien behandelt werden. Genauere Angaben fehlen. Daher lassen sich die Ergebnisse nicht unmittelbar auf potentielle Auswirkungen der Behandlung mit Ritalin übertragen. (3).
Lambert und Hartsough haben im Gegensatz dazu in einer Studie festgestellt, dass Kinder mit Ritalinbehandlung später im Jugendalter ein erhöhtes Risiko für Nikotin- und Kokainmissbrauch haben (4).
Auch Huss et al. haben in einer Langzeitstudie überprüft, ob Ritalinbehandlung über einen längeren Zeitraum den Missbrauch von Drogen fördert. Die Untersuchung ergab, dass bedeutend weniger behandelte als unbehandelte Jugendliche Drogen konsumiert hatten. Die Studie bestätigte somit die Ergebnisse von Biedermann et al.. Aus den Ergebnissen wird gefolgert, dass Ritalin bei ADHS-Patienten eine stabilisierende Wirkung hat und auf diese Weise Drogenmissbrauch vorbeugt. (5).
Möglicherweise sind Kinder und Jugendliche mit ADHS aufgrund ihrer Reizoffenheit und Impulssteuerungsschwäche stärker suchtgefährdet. Sie sind häufig sehr neugierig und überaktiv. Gleichzeitig ermüden sie schnell in Situationen, die sie als monoton und langweilig empfinden. Sie brauchen einen "Kick", um sich zu spüren. Daher sind Kinder und Jugendliche mit ADHS mehr als andere auf der Suche nach anhaltender Reizstimulation. Drogen wie Kokain oder Ecstasy putschen auf und kommen diesem Bedürfnis entgegen. Dämpfende Drogen, wie Heroin oder andere Opiate, wirken beruhigend und helfen, den konfliktreichen Alltag mit ADHS besser zu bewältigen.
Kinder und Jugendliche mit ADHS suchen inneren Halt und Identifikation mit Gleichaltrigen in viel stärkerem Ausmaß, als dies bei Pubertierenden ohnehin der Fall ist. Viele von ihnen sind daher besonders leicht beeinflussbar und damit anfälliger für Drogensucht und extremes Verhalten. Möglicherweise stellt die Einnahme von Drogen für manche ADHS Patienten einen Versuch der Selbstmedikation gegen ihre übermäßige Unruhe, Sensibilität und Verletzlichkeit dar.
Das scheint vor allem bei Cannabis-, Alkohol- und Kokainmissbrauch der Fall zu sein. Sucht ist nicht immer an den Konsum einer Substanz gebunden. Auch Fernsehen, Computerspiele, Surfen im Internet, Automatenspiele oder Einkaufen können "zur Sucht" werden. Übertriebenes Arbeiten, gefährliche Hobbys und Risikosportarten weisen ebenfalls auf ein Suchtverhalten hin (1, 6).
Die Behandlung mit Stimulanzien vermag bei ADHS-Kindern dazu beizutragen, dass sie ihre Schulleistungen verbessern und sich besser anpassen können, weil Impulskontrolle und Konzentrationsfähigkeit verbessert werden. Es lässt sich daher vermuten, dass Zahl und Schwere der Lebensprobleme durch die Therapie mit Stimulanzien reduziert werden können und dadurch auch das Suchtrisiko abnimmt (2).
Allerdings zeigen die genannten Studien, dass das Suchtrisiko bei Jugendlichen mit ADHS lediglich auf das der Normalbevölkerung reduziert werden konnte. Ritalin eignet sich also nicht generell zur Verminderung von Suchterkrankungen (7).
Was tun, wenn das Kind auffällig wird?
Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ADHS sollten sich über die gängigen Drogen informieren, da ihr Kind durch seine Störung besonders suchtgefährdet ist.
Wenn Eltern bei ihrem Kind Verhaltensweisen und Auffälligkeiten feststellen, die auf einen regelmäßigen Drogenkonsum hindeuten, sollten sie ruhig und sachlich bleiben
Sie sollten versuchen, mit dem Jugendlichen zu reden, ihm klar zu machen, dass Drogen keine Lösung darstellen und zunächst die weitere Entwicklung beobachten. Wenn Eltern in dieser Situation keinen Zugang mehr zu ihren Kindern bekommen, sollten sie Hilfe bei entsprechenden Beratungsstellen suchen, bevor das Kind abzurutschen droht.
Stellen Eltern bei ihrem Kind Verhaltensweisen fest, die auf ein gestörtes Sozialverhalten hindeuten, sollten sie einen Psychotherapeuten, Psychologen oder Sozialpädagogen aufsuchen, der Kind und Eltern wirksam helfen kann.
Für Kinder und Jugendliche mit ADHS ist ein intaktes und stabiles Familienleben, das emotionalen Halt gibt, besonders wichtig. Dadurch wird die Gefahr des Drogenmissbrauchs herabgesetzt.(1).
Heute hyperkinetisch, morgen süchtig?
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