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x_lady
Guest
Und jetzt mal was aus dem Internet:
(und regt euch nicht gleich wieder auf) ;D
Eine Debatte wäre jetzt nötig: nicht über medizinische Einzelfälle, sondern über die Risiken und Nebenwirkungen für kommende Generationen.
Ritalin
Die Verordnungszahl für den Wirkstoff Methylphenidat ist in den letzten fünf Jahren um das 40fache gestiegen. Das bekannteste dieses psychopharmazeutischen Medikaments ist Ritalin. Hyperaktive Kinder und Jugendliche, die unter dem so genannten Zappelphilipp-Syndrom leiden, werden zunehmend medikamentös behandelt.
In Deutschland sind immer mehr Kinder von ADS/ADHS - einer Aufmerksamkeits-Defizit-Störung, verbunden mit Hyperaktivität - betroffen. Die Wissenschaftler sprechen bewusst nicht von einer Krankheit. Es ist ein Störungsbild im Verhalten der Kinder und Jugendlichen mit großen graduellen Unterschieden.
Am Grad der Funktionalität gemessen
Die Grenzen zwischen lebhaften und hyperaktiven Charaktereigenschaften sind oft schwer zu ziehen. Schwierig wird es, wenn Kinder von Erwachsenen zunehmend am Grad ihrer Funktionalität gemessen werden. Eine Gesellschaft mit großem Leistungsdruck und immer weniger natürlichen Freiräumen leistet Vorschub für solche kindlichen Störungen.
Das Zeitalter der Medien-Kinder, die hauptsächlich mit flimmernden Bildschirmen aufwachsen, bietet wenig Anreize für Bewegung und den Einsatz ihrer fünf Sinne. Während das Hören und Sehen gefordert ist, bewegen sich die Kinder immer weniger frei in der Natur. Die Verbindung von sinnlicher Wahrnehmung - wie Riechen, Tasten und Schmecken - und Bewegung wird zugunsten passiven Konsumierens aufgegeben.
Unterdrückter "Jagdinstinkt"
Dabei ist es genau die körperliche Anregung, die den hyperaktiven Kindern fehlt. Es sind hauptsächlich Jungen, die von der Hyperaktivität betroffen sind. In unserer Kultur wurde traditionell das männliche Geschlecht im Jagen und Umherstreifen geübt. Offensichtlich ist dieser "Jagdinstinkt" noch vorhanden. Da er aber durch unsere urbanen Lebensbedingungen unterdrückt wird, kann er sich nicht entfalten. Dadurch stauen sich ursprünglich gesunde Aggressionspotentiale an, so der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann.
Gerade hier setzen psychotherapeutische Formen wie Musik- oder Körpertherapie erfolgreich an. Das Kind entwickelt spielerisch ein positives Bewusstsein für seine Aggressionen und lernt, diese im Kontakt mit anderen angemessen zu steuern.
Wie eine Krücke
Jeder Arzt darf in Deutschland Ritalin verordnen. Die Gefahr der Fehldiagnose oder zumindest des allzu schnellen Griffs zur Pille ist vorprogrammiert. Auch anerkannte Befürworter von Ritalin, wie der praxiserfahrene Kinderpsychiater Michael Huss von der Charité Berlin, warnen vor einer unkontrollierten Massenverschreibung des Mittels. Huss weist darauf hin, dass die Einstellung der richtigen Dosis von Ritalin schwierig sei. Sie bedarf einer Kontrollzeit von mindestens vier Wochen und erfordert nicht nur die genaue Beobachtung des Kindes, sondern eine ständige Rückmeldung von Eltern und Erziehern.
"Schwarze Schafe gibt es auch unter Ärzten, Fehler kommen vor", räumt der Mediziner ein. Deshalb sei der beste Schutz des Kindes die Wahl des richtigen Arztes, der hinreichend geschult ist. Dass ein Medikamtent wie Ritalin im individuellen Einzelfall zur Behandlung beitragen kann, bestreitet auch der Neurologe Gerald Hüther nicht. Doch fordert er, dass das Medikament zeitlich begrenzt "wie eine Krücke" eingesetzt wird, bis "der Patient wieder laufen kann".
Verlockender Griff zur Pille
Kritische Stimmen sehen in der medikamentösen Behandlung von ADS/AHDS ein Hilfsmittel, dass nur in besonderen Fällen und immer in Kombination mit Psychotherapie eingesetzt werden sollte. Hausärzte, Eltern und Lehrer sind oftmals mit der Einschätzung der Situation überfordert, in der sich ein hyperaktives Kind befindet. Verlockend ist der Griff zur Pille, die die Symptome unterdrückt und damit oftmals auch die unangenehmen Fragen zu Ursachen oder Nebenwirkungen.
Dieses Phänomen betrifft im übrigen nicht nur Ritalin. Eine Gesellschaft, die schon bei jeder Erkältungskrankheit das entsprechende Medikament schluckt, ist geradezu vorbildlich für den "schwierigen Nachwuchs", der mit Pillenkonsum zum Normverhalten gebracht werden soll.
Hyperaktive Verhaltensweisen
Dabei können in vielen Fällen alternative Maßnahmen eine Besserung bewirken: Ein pädagogisch betreuter Aufenthalt in freier Umgebung mit gezielter Bewegung kann gerade für hyperaktive Kinder ein wichtiges Erfolgserlebnis sein. Sie können hier ihre Fähigkeiten außerhalb des engen Alltagsmusters von normierten Leistungsanforderungen positiv erfahren.
Auch Eltern sollten in den therapeutischen Prozess miteinbezogen werden. Der Neurobiologe Gerald Hüther weist darauf hin, dass hyperaktive Verhaltensweisen bereits bei kleinen Kindern erkennbar sind. Oft ist es schon hilfreich, eingefahrene Beziehungsmuster zwischen Eltern und Kindern zu erkennen und zu verändern: So sollten beispielsweise nicht Fehler betont, sondern positive Anreize gegeben werden.
Eine gefährliche Richtung
Der pädagogische Fortschritt, der körperliche Züchtigung als Erziehungsmethoden endgültig verbannt hat, könnte eine gefährliche Richtung einschlagen: "Ist das, was früher die Peitsche war, heute die Pille?", fragt Gerald Hüther. Es schleicht sich der Gedanke ein, dass Psychopharmaka zunehmend als angemessenes Disziplinierungsmittel in der Kindererziehung akzeptiert werden.
In den USA wird ganz offen empfohlen, Medikamente einzusetzen, um den Schulunterricht störungsfreier zu gestalten. Den Interessensvertretern der Pharmaindustrie kann das nur recht sein. Umso mehr ist eine öffentliche Debatte darüber dringend notwendig, denn die Arzneimittelhersteller heizen den Psychomarkt an. So werden bereits neuartige Präparate als Antidepressiva und für "emotionale Störungen" bei Kindern entwickelt. Die Pille ist als stiller Erziehungshelfer auf dem Vormarsch.
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/26/0,1872,2083034,00.html
(und regt euch nicht gleich wieder auf) ;D
Eine Debatte wäre jetzt nötig: nicht über medizinische Einzelfälle, sondern über die Risiken und Nebenwirkungen für kommende Generationen.
Ritalin
Die Verordnungszahl für den Wirkstoff Methylphenidat ist in den letzten fünf Jahren um das 40fache gestiegen. Das bekannteste dieses psychopharmazeutischen Medikaments ist Ritalin. Hyperaktive Kinder und Jugendliche, die unter dem so genannten Zappelphilipp-Syndrom leiden, werden zunehmend medikamentös behandelt.
In Deutschland sind immer mehr Kinder von ADS/ADHS - einer Aufmerksamkeits-Defizit-Störung, verbunden mit Hyperaktivität - betroffen. Die Wissenschaftler sprechen bewusst nicht von einer Krankheit. Es ist ein Störungsbild im Verhalten der Kinder und Jugendlichen mit großen graduellen Unterschieden.
Am Grad der Funktionalität gemessen
Die Grenzen zwischen lebhaften und hyperaktiven Charaktereigenschaften sind oft schwer zu ziehen. Schwierig wird es, wenn Kinder von Erwachsenen zunehmend am Grad ihrer Funktionalität gemessen werden. Eine Gesellschaft mit großem Leistungsdruck und immer weniger natürlichen Freiräumen leistet Vorschub für solche kindlichen Störungen.
Das Zeitalter der Medien-Kinder, die hauptsächlich mit flimmernden Bildschirmen aufwachsen, bietet wenig Anreize für Bewegung und den Einsatz ihrer fünf Sinne. Während das Hören und Sehen gefordert ist, bewegen sich die Kinder immer weniger frei in der Natur. Die Verbindung von sinnlicher Wahrnehmung - wie Riechen, Tasten und Schmecken - und Bewegung wird zugunsten passiven Konsumierens aufgegeben.
Unterdrückter "Jagdinstinkt"
Dabei ist es genau die körperliche Anregung, die den hyperaktiven Kindern fehlt. Es sind hauptsächlich Jungen, die von der Hyperaktivität betroffen sind. In unserer Kultur wurde traditionell das männliche Geschlecht im Jagen und Umherstreifen geübt. Offensichtlich ist dieser "Jagdinstinkt" noch vorhanden. Da er aber durch unsere urbanen Lebensbedingungen unterdrückt wird, kann er sich nicht entfalten. Dadurch stauen sich ursprünglich gesunde Aggressionspotentiale an, so der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann.
Gerade hier setzen psychotherapeutische Formen wie Musik- oder Körpertherapie erfolgreich an. Das Kind entwickelt spielerisch ein positives Bewusstsein für seine Aggressionen und lernt, diese im Kontakt mit anderen angemessen zu steuern.
Wie eine Krücke
Jeder Arzt darf in Deutschland Ritalin verordnen. Die Gefahr der Fehldiagnose oder zumindest des allzu schnellen Griffs zur Pille ist vorprogrammiert. Auch anerkannte Befürworter von Ritalin, wie der praxiserfahrene Kinderpsychiater Michael Huss von der Charité Berlin, warnen vor einer unkontrollierten Massenverschreibung des Mittels. Huss weist darauf hin, dass die Einstellung der richtigen Dosis von Ritalin schwierig sei. Sie bedarf einer Kontrollzeit von mindestens vier Wochen und erfordert nicht nur die genaue Beobachtung des Kindes, sondern eine ständige Rückmeldung von Eltern und Erziehern.
"Schwarze Schafe gibt es auch unter Ärzten, Fehler kommen vor", räumt der Mediziner ein. Deshalb sei der beste Schutz des Kindes die Wahl des richtigen Arztes, der hinreichend geschult ist. Dass ein Medikamtent wie Ritalin im individuellen Einzelfall zur Behandlung beitragen kann, bestreitet auch der Neurologe Gerald Hüther nicht. Doch fordert er, dass das Medikament zeitlich begrenzt "wie eine Krücke" eingesetzt wird, bis "der Patient wieder laufen kann".
Verlockender Griff zur Pille
Kritische Stimmen sehen in der medikamentösen Behandlung von ADS/AHDS ein Hilfsmittel, dass nur in besonderen Fällen und immer in Kombination mit Psychotherapie eingesetzt werden sollte. Hausärzte, Eltern und Lehrer sind oftmals mit der Einschätzung der Situation überfordert, in der sich ein hyperaktives Kind befindet. Verlockend ist der Griff zur Pille, die die Symptome unterdrückt und damit oftmals auch die unangenehmen Fragen zu Ursachen oder Nebenwirkungen.
Dieses Phänomen betrifft im übrigen nicht nur Ritalin. Eine Gesellschaft, die schon bei jeder Erkältungskrankheit das entsprechende Medikament schluckt, ist geradezu vorbildlich für den "schwierigen Nachwuchs", der mit Pillenkonsum zum Normverhalten gebracht werden soll.
Hyperaktive Verhaltensweisen
Dabei können in vielen Fällen alternative Maßnahmen eine Besserung bewirken: Ein pädagogisch betreuter Aufenthalt in freier Umgebung mit gezielter Bewegung kann gerade für hyperaktive Kinder ein wichtiges Erfolgserlebnis sein. Sie können hier ihre Fähigkeiten außerhalb des engen Alltagsmusters von normierten Leistungsanforderungen positiv erfahren.
Auch Eltern sollten in den therapeutischen Prozess miteinbezogen werden. Der Neurobiologe Gerald Hüther weist darauf hin, dass hyperaktive Verhaltensweisen bereits bei kleinen Kindern erkennbar sind. Oft ist es schon hilfreich, eingefahrene Beziehungsmuster zwischen Eltern und Kindern zu erkennen und zu verändern: So sollten beispielsweise nicht Fehler betont, sondern positive Anreize gegeben werden.
Eine gefährliche Richtung
Der pädagogische Fortschritt, der körperliche Züchtigung als Erziehungsmethoden endgültig verbannt hat, könnte eine gefährliche Richtung einschlagen: "Ist das, was früher die Peitsche war, heute die Pille?", fragt Gerald Hüther. Es schleicht sich der Gedanke ein, dass Psychopharmaka zunehmend als angemessenes Disziplinierungsmittel in der Kindererziehung akzeptiert werden.
In den USA wird ganz offen empfohlen, Medikamente einzusetzen, um den Schulunterricht störungsfreier zu gestalten. Den Interessensvertretern der Pharmaindustrie kann das nur recht sein. Umso mehr ist eine öffentliche Debatte darüber dringend notwendig, denn die Arzneimittelhersteller heizen den Psychomarkt an. So werden bereits neuartige Präparate als Antidepressiva und für "emotionale Störungen" bei Kindern entwickelt. Die Pille ist als stiller Erziehungshelfer auf dem Vormarsch.
http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/26/0,1872,2083034,00.html