Michl. Liliki und all ihr andern,
vielen. vielen Dank für Eure tollen Gedanken. Sie helfen mir beim Sortieren und werfen Fragen auf, die ich noch nie gefragt habe (und ich habe in den letzten Monaten verdammt viele Fragen gefragt).
Kurz zu meiner Geschichte: 17 Jahre verheiratet, zwei Kinder, Haus. Unsere Krise begann wohl mit der Geburt des zweiten Kindes vor 14 Jahren. Meine Frau hatte damals eine etwa einjährige Affäre mit einem Mann, der halb so alt war wie sie. Übrigens eine Affäre ohne Sex (sagt sie), wobei ich mich aber frage, ob dieser Aspekt wirklich wichtig ist. Betrogen wird im Kopf, nicht im bzw. mit dem Unterleib.
Dummerweise hatte ich das vor vier, fünf Jahren noch nicht realisiert, als meine Frau eine sehr emotionale Beziehung zu ihrem Gitarrenlehrer einging. Mit mir habe das gar nichts zu tun, sie brauche den Austausch mit diesem Mann. Nun kann Mann ja seiner Frau schlecht verbieten, freundschaftlichen Umgang mit ab anderen Männern zu pflegen (ich habe auch Freundinnen, mit denen ich mich sehr gut verstehe). Wir haben dann Regeln aufgestellt. Die erste und wichtigste: Unsere Paarbeziehung darf nicht leiden.
Das hat natürlich nicht funktioniert. Ich habe das im Laufe der Jahre immer wieder angesprochen, habe auch gefragt, ob da "mehr" sei. Das wurde verneint. An Heiligabend 2003 habe ich mich dann beim Schmücken des Weihnachtsbaumes gefragt, was ich da eigentlich tue - heile Welt vorgauckeln in einer Ehe, die so massiv gestört ist?! Ich bin von der Leiter geklettert und habe meiner Frau ohne Vorwarnung und ohne weitere Diskussion gesagt, dass das Maß voll ist und ich so nicht mehr leben könne.
Ich schreibe diesen Beitrag eigentlich, um Euch zu zeigen, wie schwer so eine Trennung ist. "Schnitt und fertig" habe ich gedacht - von wegen. Ich bin in die Einliegerwohnung unseres Hauses gezogen, zunächst einmal eine optimal erscheinende Lösung: Ich bin für unsere Söhne jederzeit erreichbar, finanziell ist das Ganze kein Abenteuer.
Aber: Ich bin auch jederzeit für meine Frau erreichbar und sie für mich. Wir führen seit unserer Trennung Gespräche in einer Tiefe, wie wir sie zuletzt vor unserer Hochzeit geführt haben.
14 Tage nach meinem Auszug hat meine Frau mir dann recht theatralisch mitgeteilt, dass sie mit ihrem Freund nun im Bett war - das sei ihr gutes Recht, weil ich mich ja von ihr getrennt habe. Ich war sauer, konnte dem aber nicht wirklich widersprechen.
Ich habe mich dann selbst auf die Suche gemacht und eine Frau gefunden, in die ich mich heftig verliebt habe - sicher der Versuch, all das, was da gewesen ist, ganz schnell zu übertünchen (inzwischen haben sie und ich das erkannt, diese Beziehung köchelt auf absoluter Sparflamme).
Meine Frau hat von Anfang an versucht, in diese Beziehung hineinzuregieren. Natürlich dürfe ich eine Geliebte haben, das sei sogar gut für mich. Allerdings müsse diese Beziehung zeitlich begrenzt sein, damit ich zu ihr zurück könne, wenn sich im Laufe des Trennungsjahres herausstelle, dass wir es doch noch miteinander versuchen sollten. Ich habe ihr dann sehr klar gesagt, dass ich meine Beziehungen so lebe, wie ich das für richtig halte und dass sie das nun wirklich nichts angeht.
Es hat sich dann herausgestellt, dass in meiner Frau das gebrannte Kind sprach: Sie gestand mir, dass sie mit ihrem Freund schon seit fast zwei Jahren schläft. Interessanter Weise erfolgte dieses Geständnis an einem Abend, an dem ich gut gelaunt von einem Ausflug mit meiner neuen Freundin zurück kehrte. Ich verstehe die Sache heute so, dass diese gute Laune "bekämpft" werden musste, und zwar mit einer gezielten Kränkung. Davon gab es seit unserer Trennung mehrere, bis hin zu "Sex mit D. (ihr Freund) ist einfach schöner"
Für mich ganz wichtig ist die Frage, wie sich eigentlich die Wahrnehmung des Ehepartners verändern muss, damit ein Verhältnis überhaupt möglich wird. Eine Frau, die ein lang anhaltendes emotionales und sexuelles Verhältnis zu einem anderen Mann pflegt, muss das in meinen Augen ganz sicher für sich selbst begründen. Das geschieht fast zwangsläufig über den Ehepartner. Die Dinge, die da schon immer störten, werden plötzlich sehr hoch gehalten. Da wird eine Mauer errichtet, die tagtäglich höher wird. Mann bzw. frau muss sich dann auch wappnen gegen Ansprüche des Ehepartners, und seien sie auch noch so banal. Man darf das nicht an sich herankommen lassen, weil man ja durch das Verhältnis lebt, dass es den Anspruch grundsätzlich nicht mehr gibt.
Dieses Verhalten überlebt - zumindest in unserem Fall - die Trennung. Ich schreibe das hier, um auch mal aufzuzeigen, wo die Grenzen der Gespräche sind, die viele von Euch mit ihren Partnern führen. Ich merke inzwischen, dass diese Gespräche falsch sind. Angeblich führen meine Frau und ich sie, um den Zustand "Partner" in einen Zustand "Freund" umzuwandeln. Ein Versuch, den ich inzwischen für gescheitert erklärt habe. Auf direktem Wege ist das nicht zu erreichen, zumindest bei uns nicht. Ich will das mit einem ganz blöden Beispiel zu erklären versuchen: Ich hasse es, wenn Sachen in der Gegend herumstehen. Neulich hat meine Frau den Vorgarten gerichtet, der Kübel, in dem sie die Pflanzenabfälle gesammelt hat, stand tagelang auf dem Zugang zum Haus.
Ich: "Warum kannst Du eigentlich nie Deine Sachen wegräumen"?
Sie: "Ich räume sie weg, wenn ich das für richtig halte. Wenn es Dich stört, dann mach es doch selbst"
Merke: Wir benehmen uns trotz Trennung noch immwer wie das alte Ehepaar, das wir ja auch sind. Alles, was der andere tut oder sagt, wird sofort auf dem Hintergrund der langen Partnerschaft bewertet.
Und das ist das, was ich Euch eigentlich sagen will: Für mich steht fest, dass manche Partnerschaft auf Null zurückgefahren werden muss, wenn man sie retten will. Es muss ein Vakuum hergestellt werden. Für mich weiß ich, dass ich nur mit diesem Vakuum die Trennung schaffe. Und nur dann kann ich eine neue, freundschaftliche Beziehung zu meiner Frau aufbauen. Ich bin der Überzeugung, dass auch dann, wenn schwer gestörte Partnerschaften gerettet werden sollen, dieser Weg der richtige ist: Ganz und gar Schluss machen und dann versuchen, ob sich aus dem Nichts heraus etwas Neues aufbauen lässt. Der Müll, der zwangsläufig vorhanden ist in so gestörten Ehen, kann anders nicht beseitigt werden.
Mein Problem ist im Moment übrigens, dass meine Frau das alles ganz, ganz anders sieht. Sie ist dabei, sich in mich zu verlieben. Und ich weiß nicht, ob ich mich jetzt freuen oder schreiend weglaufen soll.
Gruß,
redneb