Ach Eva,
ich kann Dich so gut verstehen, wie es Dir gehen muß... Aber bitte hör auf die Schuld bei Dir zu suchen... natürlich gehören zu einer gescheiterten Ehe immer zwei, aber so wie der Dich behandelt hat, hast Du Dir wirklich nichts zuzuschreiben!
Ich kenne dieses Gefühl, daß Du innerlich schwankst, wenn Du ihn siehst... Gezittert habe ich zum Glück nie, meiner war ja auch nicht total fies zu mir, aber heute mittag war meiner kurz hier und hat was abgegeben und wie jedesmal schau ich ihn von oben bis unten an und überlege mir, ob und wie er sich in den vergangenen 10 Monaten seit der Trennung verändert hat.
Manchmal scheint er immer noch der "alte liebevolle Papa" zu sein, dann ist er vielleicht gerade frisch geduscht, riecht noch nach After-Shave und wenn ich ihn dann so betrachte ist es manchmal so verdammt schwer für mich das Ganze zu begreifen... dann möchte ich ihn einfach umarmen, ihm sagen, daß mir alles leid tut, was die letzten Jahre passiert ist, ihn einfach wiederhaben...
zumindest als Papa für meine Kinder, das ist die schlimmste "Rolle" in der ich ihn vermisse... :traene
... Eva, das Ganze ist bei mir wie gesagt jetzt 10 Monate her... die Zeit vergeht eigentlich wie im Flug aber trotzdem kommt es mir leider immer noch so vor, als ob er erst vor ein paar Tagen ausgezogen ist... Da kannst Du mal sehen wie langsam und unreel die Tage in der Seele vergehen...
Das wird sicher auch bei Dir so sein... Laß Dir Zeit, und laß auch ihm Zeit... Ich denke er ist vielleicht doch in seinem (Männer-) Stolz verletzt, auch wenn er den Auszug schon geplant hatte... letzendlich warst doch Du es, die es ausgesprochen hat und er hat es Dir wohl nicht zugetraut... Sowas muß erstmal verdaut werden...
Weißt Du, als meiner mir damals so wehgetan hatte, als er den Schlußstrich zog, hab ich - genau wie Dein Mann - total abgeblockt, hab ich angeschrien er solle ganz aus meinem Leben verschwinden, solle am Besten so weit weg ziehen, daß ich ihm nie wieder über den Weg laufen muß...
Ich hab meine Wut auf ihn zum Glück so gut wie nie über die Kinder ausgetragen, aber ich hab ihn anfangs auch erpreßt, hab gesagt, wenn Du das und das nicht machst, dann siehst Du die Kinder nie wieder...Ich war so total verletzt, konnte es ihm nicht verzeihen, wie er von uns gehen konnte... gerade weil ich wußte, daß seine Kinder ihm ALLES bedeuten...
Es ging wirklich eine ganze Zeit, bis wir uns freundschaftlich und ohne Vorwürfe unterhalten konnten... und ich hab verdammt Angst, vor dem Tag an dem er die Scheidung einreichen wird... ich weiß, daß es kein Zurück mehr gibt und ich will ihn auch auf keinen Fall mehr zurück, aber ich bin trotzdem noch nicht bereit, meinen Scherbenhaufen der vor mir liegt zu besiegeln...
Ich weiß nicht warum das so ist, ich kann es nicht verstehen, aber ich glaube ich brauche für diese Unterschrift noch unendlich lange Zeit...
Eva, ich wollte Dir nur mal klarmachen, daß diese Gefühle völlig normal sind... Du wirst die nächsten Wochen und Monate immer wieder mit Dir und Deiner Entscheidung hadern, wirst alles ins Frage stellen, wirst evtl. wanken, Deine Gefühle werden mit Dir Achterbahn fahren... aber laß es zu, es gehört dazu, auch wenn es sehr schwer ist... glaub mir, langsam wird es besser.
Und wenn ich wieder diese Zweifel in mir habe, dann mache ich es so wie AnnKathrin schon sagte... ich verdränge sie einfach mit "Gewalt", lasse sie nicht zu... Dieses Jounglieren im Kopf ist sehr wichtig, sonst gehst Du daran zugrunde... Die erste Zeit ist es ein Belügen der eigenen Seele, Du sagst, er geht Dir gut, ohne ihn, obwohl Du Dich vielleicht nach ihm sehnst... aber ganz langsam nimmt auch Deine Seele wahr, daß es Dir ohne ihn besser geht und Du mußt Dich nicht mehr "belügen", ich hoffe Du weißt was ich meine... Es ist wichtig diese Zweifel und Ängste in der Anfangszeit beiseite zu schieben und dir vor Augen zu halten, was Du die letzten Jahre durchgemacht hast, das funktioniert auch tagsüber meist, nur Deine Träume kannst Du nicht beeinflussen, Du wirst merken, daß Du auch sehr vieles im Traum verarbeiten mußt, da kommst Du nicht drumherum... und diese Träume sind manchmal mehr als schmerzhaft, aber auch sie werden irgendwann weniger...
Ich will Dir keine Angst machen, ich möchte nur, daß Du darauf vorbereitet bist, du hast den schlimmsten Punkt überwunden und jetzt bist Du auf der richtigen Bahn, Eva.
Mach das Beste daraus und laß Deine Gefühle und die Trauer zu, aber laß nicht zu, daß sie Überhand nehmen, ok?
Ich schick Dir auch ganz viel Kraft und Nerven und genügend Logik in diesem Wirrwarr der Gefühle, daß Du gute und kluge Entscheidungen treffen kannst, die Du hinterher nicht bereuen wirst.
Ich drück Dich nochmal :maldrueck
Carmen