Hallo zusammen,
diese Diskussion hier wird sehr hart von zwei gegensätzlichen Fraktionen geführt. Alle Teilnehmer haben irgendwie recht mit dem, was sie sagen. Aber es geht kreuz und quer durcheinander. Ich denke, man muss bei den „Ausländern“ differenzieren und zwar in:
die Spätaussiedler (die sogenannten Russlanddeutschen)
die ausländischen Mitbürger aus der Türkei und anderen europäischen Staaten
die Asylbewerber aus allen möglichen Ländern
die Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien und den anderen Balkanstaaten.
Dann muss man das Thema „nicht (ausreichend) Deutsch sprechende Kinder in unseren Schulklassen“ trennen von der Tatsache, dass es sowohl Deutsche als auch „Ausländer“ gibt, die das deutsche Sozialsystem bis auf den letzten Cent ausnutzen. Das eine hat nämlich mit dem anderen nichts zu tun. Sicher gibt es eine Schnittmenge, die sowohl in der Schule als auch im Sozialsystem „Probleme“ macht.
Die Spätaussiedler sind Deutsche, weil sie von deutschen Vorfahren abstammen, die es nach Russland oder auch nach Polen verschlagen hat und die es dort als Minderheit sehr schwer haben. Sie dürfen teilweise nicht Deutsch sprechen, deutsche Schulen oder Vereine gibt es nicht oder sind nicht erreichbar. Außerdem lebt es sich in Deutschland natürlich komfortabler als z.B. in Kasachstan. Also, diese Leute möchten als Deutsche in Deutschland leben und dürfen das qua Gesetz auch. Inzwischen kommen nur noch wenige Aussiedler hier her, weil z.B. auch die Anforderungen, Sprache, Abstammung, etc. heute strenger sind als noch vor 10 Jahren.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es Aussiedlerfamilien gibt, die sich bewusst in der Menge der Bevölkerung verteilen und andere, die wie in ihrer alten Heimat auch, alle auf einem Fleck wohnen und eine Clique bilden und niemanden an sich heranlassen. Von der ersten Gruppe sind auf Elternabenden die meisten da, die zweite Gruppe lässt sich nicht blicken, meckert aber auch nicht hinterher rum wenn etwas nicht in ihrem Sinne entschieden wurde. In der zweiten Gruppe sind auch die, wo meistens nur die Kinder gut und vielleicht noch die Mütter einigermaßen Deutsch können. Mit den meisten Vätern ist ein Gespräch auf Deutsch nicht möglich.
Die ausländischen Mitbürger aus den europäischen Ländern kann man m.E. in zwei Gruppen betrachten: Die Türken als zahlenmäßig größte Gruppe und den „Rest“. Ich denke, wenn z.B. eine holländische oder französische Familie dauerhaft oder vorübergehend nach Deutschland kommen will, werden sie sich darauf vorbereiten und Sprachkenntnisse erwerben und hier vertiefen. Die italienischen „Gastarbeiter“-Familien, deren inzwischen Großväter in den 60-er Jahren nach Deutschland geholt worden sind, haben sich sehr gut integriert.
Bei den hier lebenden Türken ist es wie bei den Aussiedlern. Es gibt Familien, die als Clans auftreten. Die Kinder haben außerhalb von Kindergarten und Schule und vielleicht noch Fußballverein, fast nur Kontakt zu anderen türkischen Kindern. Selbst die Familien, die z.B. hier eine Pizzeria oder ein Dönerlokal betreiben, schotten sich außer in ihren Lokalen der deutschen Bevölkerung gegenüber ab. In den Großstädten ist das ausgeprägter als auf dem Land. In Berlin, hier vor allem in Kreuzberg, ist es einem Türken möglich, ohne ein Wort Deutsch zu können, seinen Alltag zu bewältigen. Es gibt türkische Läden, Ärzte, Rechtsanwälte, etc. Die staatlichen Ämter sind darauf eingestellt. Die deutschen Mitarbeiter dort sprechen entweder türkisch oder sind selbst türkischstämmig (aus der Gruppe, die sich nicht abschottet) und es gibt eben Dolmetscher. Die Kinder sprechen in ihrer Freizeit auch nur türkisch miteinander. Die Jungs (und ihre Väter) sind auch noch stolz darauf. Was die Mädchen und die Mütter denken, wissen wir nicht, es fehlt der Kontakt. Da nutzt auch die beste Bemühung nichts. Wenn man die Mütter türkischer Mitschüler/innen zum x-ten Mal zu „Müttertreffen“ eingeladen hat (auf türkisch und deutsch) und es kommt keine Reaktion, muss man ja zu dem Schluss kommen, dass die nicht wollen oder nicht dürfen. Man kann ja niemanden zwingen. Also werden die türkischen Mitbürger von den deutschen ausgegrenzt und umgekehrt. Weil keiner den anderen versteht.
Zu den Asylbewerbern kann ich nichts sagen, weil ich keine kenne und die Situation nicht beurteilen kann.
Zu den Bürgerkriegsflüchtlingen möchte ich aus eigener Erfahrung (ich kenne eine Familie persönlich sehr gut weil ich sie unterstütze, wenn sie alleine nicht weiterkommt) folgendes anmerken: Die meisten, die zum Teil auch mit ihren Kindern hier her kommen, sind wegen politischer Verfolgung und aus der Sorge um ihr nacktes Überleben hier. Sie bemühen sich möglichst schnell um deutsche Sprachkenntnisse und, wenn möglich, um Arbeit, um ihrem Gastgeberland so wenig wie möglich „zur Last zu fallen“ und sehr viele schaffen das auch. Wenn der Bürgerkrieg dann zu Ende ist, müssen sie wieder in ihre Heimatländer. Die Leute versuchen sich dagegen zu wehren, weil sie Angst haben, dass sie dort doch noch nicht gefahrlos leben können. Natürlich gefällt ihnen unser hoher Lebensstandard auch besser als die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in ihren von Krieg und korrupten Politikern zugrunde gerichteten Herkunftsländern. Aber solange sie hier sein können, bemühen sie sich aktiv um Integration, auch um nicht aufzufallen und vielleicht deswegen abgeschoben zu werden.
Ich glaube, wir benötigen in Deutschland dringend ein Zuwanderungs-und Integrationsgesetz, welches klar und für jeden ohne Gerichte bemühen zu müssen, die Rechte und auch die Pflichten der Zuwanderer regelt. Das Gesetz muss auch klarmachen, wie viel Integration der Staat leisten muss und vie weil Geld dafür zur Verfügung gestellt werden muss und wo es her kommen soll.
Dann können sich die Schulen oder andere Stellen auf dieses Gesetz berufen und die für Integrationsmaßnahmen, z. B. Sprachunterricht bevor die Kinder in Kindergarten oder Schule kommen, erforderlichen Mittel anfordern und zusätzliche Lehrer einstellen.
Ich gebe allen hier recht, die sagen, dass die Vermittlung der nun mal hier gesprochenen deutschen Sprache an Kinder, die nicht oder nur sehr wenig Deutsch können, durch die planmäßig vorhandenen Lehrer zu Lasten der deutschen und natürlich auch der integrierten ausländischen Kinder geht. Für solche Maßnahmen müssen zusätzliche Lehrerstunden bereit gestellt werden. In die Klasse meines Kindes kam nach den Sommerferien ein 12-jähriges Mädchen. Das Mädchen sprach kein Wort Deutsch, altersmäßig gehörte es aber in die 6. Klasse. Alle Lehrer haben einen großen Teil ihrer Zeit dafür aufgewendet, mit Hilfe eines türkischen Klassenkameraden als Dolmetscher, diesem Kind Deutsch bei zu bringen. Die anderen Kinder haben in der Zeit halt Arbeitsblätter ausgefüllt. Der Vater des Mädchens hat sich die Dolmetschertätigkeit des türkischen Jungen verbeten, ein türkisches Mädchen hätte er akzeptiert. Nach zwei Monaten intensivier Zuwendung durch die Lehrer ist das Mädchen nun auf einer Sonderschule. Deutsch kann es natürlich immer noch nicht. Auch dort bekommt es keinen Schnellkurs in Deutsch. Also muss es sich weiter durchwursteln. Den anderen Kindern in unsere Klasse fehlt aber ein Monat regulärer Unterricht. Ich verstehe die Motivation des Vaters nicht, seine Tochter im Alter von 12 Jahren ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland geholt zu haben. Wenn es nicht vermeidbar gewesen wäre, hätte es statt in die Regelschule gesteckt zu werden, erst mal ein Jahr lang intensiven Deutschunterricht bekommen müssen und wäre dann eben ein Jahr später in die 6. Klasse gegangen. Das Mädchen kann doch mit dem, was mit ihm gemacht wird, nicht glücklich sein? Ich bin auch nicht froh, dass das Kind jetzt weg ist, sondern mir tut es unendlich leid, dass man ihr keine vernünftige Chance gegeben hat.
So, das war’s. Vielen Dank an die, die sich die Mühe gemacht haben, diesen langen Text zu lesen. Ich habe ihn geschrieben, weil auch mir einige Beiträge hier Angst machen. Ich befürchte, dass durch das Gefühl einiger, dass ihre deutschen Kinder wegen der anderen benachteiligt werden, dass man ihnen etwas weg nimmt, die Gräben nur noch tiefer werden. In Zeiten, da es hier immer nur bergauf ging, hat man darüber hinweg sehen können. Aber heute, da uns allen von allen Seiten etwas weg genommen wird, höhere Steuern, Krankenkassen, weniger Rente, weniger Arbeitslosengeld, und so weiter, von den immer weniger werdenden Arbeitsplätzen ganz zu schweigen, könnte es sehr schnell einen gewaltigen Stimmungsumschwung gegen die vermeintlichen Nutznießer unserer Gesellschaft geben. Das hatten wir alles vor vielen Jahren schon mal und wollen es doch hoffentlich nicht wieder?