Original von Lili7
Was mich beschäftigt, ist das WIE! Manchmal erscheint es mir wie die Quadratur des Kreises eine LANGFRISTIG angelegte gute Beziehung zu führen.
Wie kann ich gleichzeitig meinen Partner so stehen lassen wie er ist und gleichzeitig meine Bedürfnisse erkennen und formulieren. Ich muss doch bei Akzeptanz des anderen automatisch auf Distanz gehen. Und wenns nur wegen der notwendigen Objektivität ist/wäre.
Wünschenswerter Weise gibt es ja Veränderungen und wahrscheinlicher ist doch, dass jeder sich anderes entwickelt.
Vielleicht ist es doch so, dass aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen, wie z.B. Berufstätigkeit der Frau und dementsprechend auch finanzielle Freiheit, eine Beziehung nur im Idealfall lange gutgehen kann, wenn zwei selbstbewußte, unabhängige Menschen aufeinandertreffen?
Hallo, allerseits!
Ich habe die Diskusion seit vorgestern sehr aufmerksam verfolgt, auch wenn ich mich nicht eingemischt hab'. Es gab sehr viel, was ich überdenken musste aufgrund Eurer Beiträge. Trotz der Fülle an Beiträge, die ich zu Anlass nehmen könnte, möchte ich obiges Zitat benutzen, um ein Paar Gedanken loszuwerden:
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass wir inzwischen auch wg. der finanziellen Unabhängigkeit vieler Frauen viel bewußter mit unseren Beziehungen umgehen. Früher gehörte es zur gesellschaftlichen Norm, dass eine Frau einen Mann geheiratet hat, Kinder bekommen hat und ihr ganzes Leben mit ihm verbracht hat, glücklich oder unglücklich. Auf die wenigen Frauen, die aus ihren unglücklichen Ehen ausgebrochen sind, hat man mit dem Finger gezeigt und die Kinder geschiedener Ehen hatten es noch schwerer sich in ihrem Sozialleben zurecht zu finden als sie es inzwischen haben. Kurz gesagt: Es ist einfacher geworden, aus eine Beziehung auszubrechen, als Mann oder als Frau ist irrelevant.
Wir nehmen uns deswegen die Freiheit unsere Unzufriedenheiten wahrzunehmen und die Schwächen des Partners nicht nur bedingungslos zu akzeptieren, sondern auch zu kritisieren und Veränderungen anzufordern. Ich meine, dass dies zwar anstrengender ist aber längerfristig uns zufriedener macht, weill wir nicht einfach etwas so hinnehmen wie es ist ohne es zu hinterfragen, sondern weil wir aktiv an uns, den Partner und die Beziehung arbeiten können. Ob es uns gelingt eine ergolgreiche Beziehung zu führen, die uns überdauert, lass ich erstmal ausser Frage.
Als ich meinen Mann kennengelernt hab' und mich mit der Zeit in ihn verliebt hab', hab' ich plötzlich festgestellt, dass ich ein grundsätzliches Problem mit ihm hatte. Jedesmal wenn er es abgelehnt hat, dass ich seine Hemde bügele oder dass ich etwas für ihn koche, habe ich das als Liebesmangel seinerseits interpretiert, so nach dem Moto: Er will nicht, dass ich ihn verwöhne, weil er so die Verpflichtung nicht eingeht, mich zu verwöhnen, ergo er liebt mich nicht. Nur langsam und OHNE mit ihm Gespräche zu führen, habe ich realisiert, was für ein Liebesbeweis seine Haltung war. Das ging aber auch weiter. Sehr oft hab' ich mich fragen müssen: Wieso lässt er mich weggehen mit wem ich auch immer will ohne eine Spur Eifersucht zu zeigen? Interessiert es ihn überhaupt was ich mache? Wieso spürt er kein Bedürfniss mich an diesem und jenem Abend bei ihm zu halten? Liebt er mich nicht?
Ich habe ihn NIE gefragt. Ich habe mit ihm NIE darüber gesprochen. Es war allerdings auch kein quälendes Problem für mich aber es hat micht beschäftigt. Bis ich gemerkt hab', was für ein Vorteil sein Verhalten für mich und für unsere Beziehung war und ist. Wie zufrieden ich gewesen bin und immer noch bin, dass ich die Möglichkeit habe, parallel zu meiner Beziehung auch mich selbst zu entwickeln.
Ich weiss noch, wie unglücklich ich am Ende meines Erziehungsurlaubs gewesen bin und was für Agressionen ich ihm gegenüber gehegt hab', weil er mir nicht aus meiner Situation helfen konnte. Ich habe damals eine Rolle gespielt, die ich nicht mehr gemocht hab'. Darüber hab' ich auch NIE mit ihm gesprochen. Auch mit keinem anderen. Vielleicht liegt es in meiner Natur, dass ich nichts unternehme bis mir ganz klar ist, was mich stört. Ich bin aber davon überzeugt: Egal wieviele Blumen er mir geschenkt hätte oder Candle Light Dinners er für mich veranstaltet hätte, egal was er gemacht hätte, hätte er mich nicht glücklich machen können aus dem einfachen Grund, dass mir nicht seine LIEBE gefehlt hat, sondern meine ARBEIT.
Ja, man kann eine glückliche Beziehung längerfristig auch in unserer Zeit führen, auch wenn beide finanziell unabhängig sind und eigentlich bei der ersten Schwierigkeit das Tuch werfen könnten und weglaufen könnten. Man muss es wollen und man muss SICH SELBST sein. Eine Rolle zu spielen der Beziehung halber, war etwas für unsere Mütter und Väter. WIR müssen das anders erleben. Wir müssen WIR SELBST sein und dem Partner dies auch gewähren. Ob man sich dann auseinanderlebt? Wenn man die Beziehung wahrhaft weiterführen will, bin ich der Meinung nein. Es kommen dann immer die Momente, wo man zu dem anderen finden MÖCHTE und sich austauschen MÖCHTE und diese Momente ermöglichen es der Beziehung, dass sie weiterlebt und zu einem Lebenselixier wird.
Wir müssen alle lernen, eine neue ART von Beziehung zu führen. Die Rollen, die uns unsere Eltern mitgegeben haben, funktionieren nicht mehr. Meine Eltern sind inzwischen seit mehr als 45 Jahre zusammen und unternehmen ALLES gemeinsam. Sie sind glücklich so. Ich könnte es inzwischen nicht mehr. Ich könnte es vielleicht als ich noch 23 war. Aber jetzt, da ich eine andere Freiheit innerhalb meiner Beziehung genieße, könnte ich es nicht mehr. Ich brauche den Raum, um zu wachsen und glücklich zu werden. Nur so kann ich auch eine glückliche Beziehung führen. Dies gewähre ich sicherlich auch meinem Mann und wenn wir uns abends erst um 21:00 Uhr zu Hause treffen, sind wir beide glücklich über diese wenige Zeit, die wir miteinander verbringen dürfen.
Ich weiss, es ist lang geworden. Aber das dreht sich alles so in meinem Kopf und ich wollte es loswerden.
Schönen Gruss
Michaela